Der Wolf im Schafspelz

Am 16.1.18 sprach Thomas Jordan auf Einladung der Zürcher volkswirtschaftlichen Gesellschaft zum Thema «Wie Geld durch die Zentralbank und das Bankensystem geschaffen wird». Das sah wie eine neutrale Informationsveranstaltung aus. Dem war jedoch nicht so.

Thomas Jordan missbrauchte die Plattform, um eigenmächtig den Abstimmungskampf gegen die Vollgeld-Initiative zu eröffnen, dies sogar bevor überhaupt das Abstimmungsdatum bekannt war.
Jordans allgemeine Ausführungen zielten darauf ab, einseitig gegen eine abstimmungsreife Volksinitiative Stimmung zu machen. Geschickt verwob er unbestrittene Tatsachen mit seiner voreingenommenen persönlichen Meinung. Zu diesem Zweck machte er zwar keine Falschaussagen, aber er liess wichtige Elemente aus, die allenfalls kritische Fragen zum heutigen Geldsystem provoziert hätten. Diese gab es trotzdem, doch er wich ihnen aus wie ein glitschiger Politiker, anstatt sie direkt zu beantworten. Hingegen überinterpretierte er im Dienste der Gegner der Initiative den vorgeschlagenen Verfassungstext und übertrieb die beabsichtigten Änderungen.

Das wirft eine grundsätzliche Frage auf: Darf der Vorsteher einer öffentlichen Institution nach persönlichem Gutdünken im Namen seiner Institution politischen Abstimmungskampf betreiben? Die Nationalbank ist unabhängig, so will es das Gesetz. Darin steht auch, dass sich diese Unabhängigkeit auf ihre Geldpolitik bezieht. Die Zwillingsschwester der Unabhängigkeit ist jedoch die politische Neutralität. Und genau diese lässt Jordan vermissen. Wer unabhängig sein will, darf nicht parteiisch sein, sonst ist er eben gerade nicht unabhängig. Und genau dies muss vermutet werden, wenn Jordan sich einseitig und parteiisch für die Interessen der Geschäftsbanken und deren private Geldschöpfung einspannen lässt.

Die Nationalbank ist nur dem Gesetz verpflichtet. Sie führt aus, was immer das Gesetz von ihr verlangt. Wenn ein Gesetz im Parlament beraten wird, das die Nationalbank betrifft, dann soll sie im Beratungsprozess angehört werden. Sobald aber dieser abgeschlossen ist und die öffentliche politische Diskussion beginnt, hat die Nationalbank zu schweigen. In der Öffentlichkeit sowieso. Es geht nicht an, dass sie quasi ihren eigenen Auftrag mitformulieren oder gar bestimmen will. Dies ist weder mit der Gewaltentrennung noch mit unserer Demokratie vereinbar.
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Martin Alder ist Ökonom und Mitglied des Initiativ-Komitees der Vollgeld-Initiative

24. Januar 2018
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