Die AHV in einer gerechten Gesellschaft

Die AHV ist für die Einen ein nettes Zubrot, für Andere die einzige Alterssicherung, aber weit unter dem Existenzminimum. Sie müsste deshalb zu einem «bedingten Grundeinkommen» umgebaut werden, finden Mitglieder des Vereins «Integrale Politik», die über die Zukunft der AHV nachgedacht haben.

Die AHV muss das Existenzminimum abdecken. (Bild: pexels)

Eine vom Bundesrat vorgeschlagene Altersvorsorgereform wurde im September 2017 vom Volk abgelehnt. Wichtiges wurde nicht aufgegriffen und grosse Ungerechtigkeiten wären nicht beseitigt worden.

Wir denken, dass ein erneutes Flickwerk nicht mehr reicht, die AHV zu retten. So erlauben wir uns eine AHV neu zu erfinden und drücken für einmal den berühmten ResetKnopf.
Als die heutige AHV 1948 in Kraft trat, war dies eine grossartige Sache, ein mutiger Schritt. Aber Hand aufs Herz, was hat diese Nachkriegszeit mit der heutigen Zeit noch gemeinsam? Damals machte der Generationenvertrag Sinn und so konnte den älteren Menschen ein Leben in Würde ermöglicht werden.
Nun heute, 70 Jahre später, ist das Ziel das gleiche geblieben. Alle Menschen im Pensionsalter sollen ein selbstbestimmtes gutes Leben führen können. Wir stellen uns das mal ganz pragmatisch vor:

Um ein gutes Leben selbstbestimmt zu leben, braucht heute, nach unserer Sicht, jeder Rentner, jede Rentnerin monatlich Fr. 3500. (Stand 2017).
Das Einkommen im Pensionsalter würde sich zusammensetzen aus Pensionskasse und dem Ertrag von Sparguthaben und bei grösseren Vermögen käme auch ein Verzehr von Vermögen in Frage.

Kommt ein Mensch ab 65 Jahren so auf ein monatliches Einkommen von 3500 Franken wäre für ihn eine AHV nicht vorgesehen. Eine neue AHV, wie wir sie uns vorstellen, kommt erst zum Zuge, wenn das Einkommen von Franken 3500 nicht erreicht wird. Die neue AHV würde die Einkommenslücke bis Franken 3500 auffüllen. Wir hätten somit ein bedingtes Grundeinkommen geschaffen.

  • Zukunftsängste würden abgebaut, weil jede und jeder weiss, was er im Alter mindestens für ein Einkommen zu erwarten hat. Wir alle wären stolz auf unsere Gesellschaft in der niemand Angst vor Not im Alter haben muss.
  • Junge Menschen, Menschen im Erwerbsleben könnten ihre Lebensplanung freier gestalten. Teilzeitarbeitende, Mütter und Väter, Alleinerziehende, Grossfamilien, Kranke und viele mehr, wüssten sich in dieser Gesellschaft aufgehoben.
  • Somit würde die Giesskanne abgeschafft und damit eine zeitgemässe und bedarfsgerechte Verteilung der Güter unserer Gesellschaft erreicht.

Und wie soll diese neue AHV, dieses bedingte Grundeinkommen, finanziert werden?
Wir können nur schätzen, aber wir gehen davon aus, dass die jährlichen Kosten für die AHV durch die Abschaffung der Giesskanne eher kleiner als grösser werden.
Wenn auch 1948 der Generationenvertrag eine ausgezeichnete Lösung war, so braucht es heute eine neue Finanzierungsgrundlage.
Wenn 1948 mit viel Händewerk durch die damaligen Erwerbstätigen besteuerte Löhne erwirtschaftet wurden, die auch noch viel AHV-Abgaben einbrachten, so wird heute sehr viel Arbeit und Dienstleistung durch die Digitalisierung übernommen, von Robotern geleistet.  
Wenn so eine Software oder eine Maschine ihre Gestehungskosten eingespielt hat, verdient sie ihr Geld weiter für ihre Unternehmung und damit entzieht sich einer direkte Besteuerung und die Abgabe an die AHV entfallen und fehlen.

Eine Robotersteuer könnte in die AHV fliessen und so die neuen wirtschaftlichen Wirklichkeiten abbilden.

Nach unserer Sicht wäre hier ein Potential für eine neue Steuer, die allzu lange nicht eingezogen wurde. Eine Robotersteuer oder andere in dieser Richtung gehende Steuereinnahmen könnten in die AHV fliessen und so die neuen wirtschaftlichen Wirklichkeiten abbilden.
Das Geld, das durch die Digitalisierung verdient wird, fliesst unter oben beschriebenen Bedingungen sehr oft in die Nachlässe von sehr grossen Vermögen. Ein erneuter Anlauf für eine Erbschaftssteuer der sehr grossen Vermögen wäre ein anderes Potential um die AHV zu konsolidieren.

Der Generationenvertrag würde weiter mithelfen die AHV-Kasse zu füllen, es dürfte aber keinesfalls die Arbeit noch mehr belasten als sie heute schon ist. Das Umlageverfahren ist eine grossartige Möglichkeit, um nicht noch mehr Geld auf Haufen zu legen, wie es die Pensionskassen schon tun.
Seit 1948 ist aus der armen Schweiz eines der reichsten Länder geworden. Die Anstrengung wäre keine so grosse und die Schweiz wäre nicht nur ein reiches Land, sondern ein gerechteres als viele andere.

Und warum sollte so ein Neuanfang der AHV eine Mehrheit finden?
Weil ein bedingtes Grundeinkommen für Rentner und Rentnerinnen viele Probleme unseres Sozialsystems aus dem Weg schaffen könnten.
Weil wir alle verantwortlich sind, dass Zukunftsängste unsere Schaffenskraft nicht mindert.
Weil ein gerechter Gesellschaftsvertrag eine gegenseitige Genugtuung ergibt und wir eine stolze Gesellschaft sind.

Rosemarie Thalmann-Zemp und Werner Bachmann sind Mitglieder der IP Zentralschweiz, die sich am 28.10.2017 in einer ausführlichen Dialog-Veranstaltung mit der Zukunft der AHV befasst haben.