Kann die Marktwirtschaft von der Familie lernen?

Leseempfehlung zum heutigen Weltkindertag: «Zusammenleben – über Kinder und Politik» von Leander Scholz

Der Schriftsteller und Philosoph Leander Scholz schreibt in seinem politisch pointierten und philosophisch fundierten Essay über seine Erfahrung als Vater in Elternzeit, fordert eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung für Fürsorge und entwirft das Ideal einer demokratischen Familie, inklusive Wahlrecht für Kinder.

«Natürlich wusste ich nicht, worauf ich mich eingelassen hatte. Den ganzen Tag mit einem Baby oder Kleinkind zu verbringen, das vollends auf einen angewiesen ist, hinterlässt tiefe Spuren im psychischen Bau.» Als Leander Scholz nach der Geburt seines Sohnes in Elternzeit geht und eineinhalb Jahre zuhause bleibt, stellt das sein bisheriges Leben auf den Kopf. Es bedeutet das Ende des selbstbezogenen Lebens, den Beginn des Lebens für einen anderen Menschen. In seinem Essay «Zusammenleben – über Kinder und Politik» erzählt er davon, sehr persönlich und zugleich mit einem Blick für die gesellschaftlichen, politischen und philosophischen Dimensionen dieser zutiefst menschlichen Erfahrung.

Scholz schlägt vor, dass wir uns von der Erfahrung der Elternschaft inspirieren lassen und ein an der Gemeinschaft orientiertes Selbstverständnis anstreben, das über Selbstverwirklichung hinausgeht. Er fordert eine Familienpolitik, die wirklich an Familien interessiert ist, und nicht nur daran, Eltern so kontinuierlich wie möglich im Arbeitsleben zu halten:

«Statt die Familie der Marktwirtschaft anzupassen, sollten wir uns die Frage stellen, was die Marktwirtschaft von der Familie lernen kann.» Und er fordert ein Wahlrecht von Geburt an – denn wenn wir unsere Demokratie erneuern und über die Gegenwart hinausdenken wollen, müssen wir eine politische Repräsentation der Kinder ermöglichen.
Zusammenleben ist ein gleichermassen intimes wie emanzipatorisches Buch.

Leander Scholz: Zusammenleben – über Kinder und Politik. Hanser, 2018. 160 Seiten. Gebunden. €18,00. Leseprobe (PDF)

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