«Krieg der Gebärmütter»

Im Heiligen Land wird nicht nur mit der Einschränkung von Bürgerrechten, Protestmärschen und Waffen gekämpft, sondern auch mit der Bevölkerungszahl. Israeli und Palästinenser sind beide überdurchschnittlich gebärfreudig und erschweren eine friedliche Lösung erheblich.

Palästinensische Kinder (Bild: Wikimedia)

Die demografische Entwicklung von Israel und Palästina belegt den zunehmenden Konflikt im Nahen Osten. Die hier verwendeten Zahlen sind aus öffentlich zugänglichen Quellen, aber vermutlich politisch zurechtgebogen. Taktisch spielen Israelis die Zahl der Palästinenser herunter und Palästinenser ihre Zahl hoch. Die Bevölkerungs- und Geburtenzahlen sind im Nahostkonflikt Teil der politischen Strategie beider Seiten. Meine Empörung darüber geht zurück auf die 1980er Jahre. Ich war als Redakteurin der «Emanzipation» damals eindeutig auf der Seite der vertriebenen Palästinenser und bekam Dokumente in die Hand, die den palästinensischen Frauen das Kinderkriegen als Kampfmittel auferlegten. Das hat meine Parteinahme nachhaltig neutralisiert.
Geburtenraten
Erhaltensnorm: 2.1
2017 Israel 2.9
2017 Westjordanland und Gaza 3.9, bei den jüdischen Siedlern 5

Eine kurze demographische Rückschau

1881 betrug die Einwohnerzahl Palästinas rund eine halbe Million, davon waren 442.000,  Araber (400.000 Muslime, 42.000 griechisch-orthodoxe Christen), etwa 13.000 bis 20.000 waren Juden. Gemäss Angaben der Uno kam es im Verlauf der israelischen Staatsgründung 1948 zur Flucht und Vertreibung von 726.00 Arabern, in Israel blieben nur ca. 150.00 Araber. Quelle: Johannsen, Margret: Der Nahostkonflikt, Wiesbaden 2006.
2015 lebten nach Angaben auf Wikipedia im Westjordanland 2.772 Millionen Palästinenser und im Gazastreifen 1.860 (gemäss CIA Factbook 2017 1.795.Millionen im Gazastreifen).

Die Ermittlung zuverlässiger Bevölkerungszahlen der Palästinenser gestaltet sich auch schwierig, da sich deren höchste Bevölkerungsdichte zwar mittlerweile in den palästinensischen Autonomiegebieten findet, die Mehrheit der Palästinenser aber als Emigranten anderswo lebt. Folgende Schätzungen stammen von der Palestinian Academic Society for the Study of International Affairs (PASSIA) aus dem Jahre 2001 und beschreiben die Situation nach der Vertreibung der Palästinenser aus Kuwait 1991.

Land/Region 

Palästinensische Bevölkerung 

Westjordanland und Gaza-Streifen 

3.700.000 

Israel

1.213.000 

Jordanien 

2.598.000 

Libanon 

388.000 

Syrien 

395.000 

Saudi-Arabien 

287.000 

Golfstaaten 

152.000 

Ägypten 

58.000 

Andere arabische Staaten 

113.000 

Vereinigte Staaten von Amerika 

216.000 

Andere Länder 

275.000 

Gesamt

9.395.000 

 

Das palästinensische Statistikamt gab am 20. Oktober 2004 die offizielle weltweite Anzahl an Palästinensern mit 9,6 Millionen an. Laut UNRWA (Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten) sind 3,7 Millionen Palästinenser als Flüchtlinge anerkannt. Das sind Personen, die aus ihren angestammten Gebieten vertrieben wurden oder geflohen sind, sowie deren Nachkommen. Der Flüchtlingsstatus beinhaltet auch Rückkehrrechte, die aus politischen Gründen nicht aufgegeben werden.

Am 11. Dezember 1948 hat die UNO-Generalversammlung mit der inzwischen jährlich bestätigten Resolution 194 entschieden, »daß den Flüchtlingen, die in ihre Heimat zurückkehren und in Frieden mit ihren Nachbarn leben wollen, dieses zum frühestmöglichen Zeitpunkt gestattet werden sollte, und daß jenen, die nicht zurückzukehren wünschen, Entschädigung für ihr Eigentum, für den Verlust oder die Beschädigung des Eigentums zu zahlen ist«.

Hass und Verheissung

Yasser Arafats Losung vom «Krieg der Gebärmütter» aus den 1990er Jahren führte zu einem enormen Bevölkerungswachstum bei den Palästinensern. Seither sind über 20 Jahre vergangen und als Resultat des «Gebärkriegs» sind weitere Millionen von Kindern auf der Welt, die im Hass gegen Israel und die Juden erzogen wurden. Es wird ihnen versprochen, dass sie einst mit dem alten Schlüssel in ihr Haus, aus dem sie vertrieben wurden, zurückkehren werden. Der Gedanke ist absurd. Wo früher eine Familie in einem arabischen Dorf lebte, kann heute nicht die 130fache Zahl von Personen einziehen und die Hacke wieder in die Hand nehmen. Zusammen mit dem von der UNO bestätigten Rückkehrrecht und dem Mythos vom Schlüssel des eigenen Hauses ergibt sich aber ein simples Narrativ, das eine geballte Ladung Aggression an den Grenzen des Staates Israel aufgebaut hat.

Meine Hoffnung ruht auf der Intelligenz dieser Jugend und dass sie diesem Mythos nicht folgen, nicht ihr Leben als Märtyrer opfern, sondern leben wollen. So, wie ich es persönlich von einer Schülerin erlebte, die über den patriarchalen Onkel in Damaskus schimpfte und die Verwandtschaft in Schweden lobte. Sie selbst kam schick mit grün eingefärbten Haarsträhnen in die Schule und wollte einfach leben, hier in der Schweiz leben und jenseits von Hass und Verheissung.

Die jüdische Bevölkerungszahl hat sich seit 1948 dank der Einwanderungswellen erhöht. Die erste Welle erfolgte kurz nach der Gründung 1948-51, die zweite  nach 1991 aus der ehemaligen Sowjetunion (gut eine Million). Im Juli 2017 leben gemäss CIA factbook 8.229 Millionen Menschen in Israel inklusive Golan und Ostjerusalem, davon sind gemäss Weltbank 75% Juden, 20% sind Araber.

Bevölkerungswachstum Israels seit 1948 (Quelle: Wikipedia)

Die jüdische Geburtenrate ist ebenfalls über der Erhaltensnorm. Es ist notabene die höchste aller industrialisierten Länder. Und es sind nicht die Juden, die einen demokratischen Staat wollen, die die meisten Kinder in die Welt setzen. «42 Prozent von Israels Erstklässlern sind entweder muslimische Araber oder ultra-orthodoxe Juden. Für die einen ist Israels Selbstverständnis als Judenstaat problematisch, ein großer Teil der anderen würde lieber in einem von Rabbinern regierten Gottesstaat als in einer liberalen Demokratie leben.», schreibt Gil Yaron am 14.09.2016 in der «Welt».

Das Konfliktpotential innerhalb der jüdischen Bevölkerung nimmt also ebenfalls stetig zu, geschürt von der jüdischen Verheissung: «Weiter heißt es bei Maimonides: Wer die Kriege des Herrn ausficht und für die Wiederherstellung der jüdischen Souveränität über das Land Israel und die Geltendmachung der Gesetze der Thora kämpft, von dem wird angenommen, dass er der Messias ist. Wenn er dies alles tut und Erfolg hat »und alle Völker, die rings um ihn sind, besiegt«, außerdem »den (Beit) HaMikdasch [den Tempel in Jerusalem] an seiner Stelle erbaut« und »die Verstreuten Israels einsammelt«, dann ist dies gewiss der Messias.» Quelle: 23.06.2016 – von David Levin in der Jüdischen Allgemeine.

Der Glaube, dass das Reich Davids (etwa 1010 v. Chr. bis ca. 926 v. Chr.), wiedererstehen muss, um die Wiederkunft des Messias zu ermöglichen, wird von der  Siedlerbewegung aufrecht erhalten und könnte den umliegenden Staaten noch einige Probleme bereiten. Das Kommen des Messias ist Teil des täglichen jüdischen Gebets. Die Hoffnung der von zionistischen Idealen geprägten Israelis liegt auf einem Staat Israel als Modell für die ganze Welt. Ein Staat, geprägt von Gerechtigkeit und Frieden. Hass ist nicht im Programm, aber die andern müssen weg. Die Folgen sind nicht weniger kriegerisch.

Davids Reich vor 3000 Jahren und Israel heute im Vergleich.

 

Aber auch unter den Zionisten gibt es vernünftige Menschen. Am XIV. Zionistenkongress 1925 in Wien sagte Robert Weltsch, Chefredakteur der zionistischen «Jüdischen Rundschau»: «Palästina wird stets von zwei Völkern bewohnt sein, von Juden und Arabern. Welcher von den beiden Teilen 51 Prozent und welcher 49 Prozent bildet, ist prinzipiell irrelevant. Denn auf keinen Fall ist eine Entwicklung des Landes möglich, wenn eines der beiden Völker die Rechte der Majorität im Sinne einer Herrschaftsstellung geltend macht. Die Zukunft Palästinas, seine friedliche Entwicklung und Wohlfahrt kann nur dadurch gesichert werden, dass es ein politisches System erhält, in welchem beide Völker gleichberechtigt nebeneinander leben, verbunden durch die natürlichen Bande des Verkehrs, der Wirtschaft und der kulturellen Beziehungen.»
Möge sich die Vernunft durchsetzen!

 

Quellen:
Königreich Israel: https://de.wikipedia.org/wiki/Königreich_Israel
Landkarte Israel: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Staates_Israel
Bevölkerungswachstum Israel 1950 bis heute: https://de.wikipedia.org/wiki/Demografie_Israels#/media/File:Population…

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Edith Stebler ist in Basel aufgewachsen. Studium in Germanistik, Geschichte und Sport an den Universitäten Basel und Bern, Mitgründerin der Schülerparlamente in Basel, Präsidentin des Studentenrates, Gründungsmitglied der Progressiven Organisation Basel (POB und der Organisation für die Sache der Frau OFRA, Redakteurin der «Emanzipation», Lehrerin an der Kantonsschule Olten, Mitglied des Gemeinderates Olten und Regierungsratskandidatin der POCH in Solothurn , Mitinitiantin der ersten eidg. Mutterschutz-Initiative.