Die Genesis im Lichte der menschlichen Embryonalentwicklung

Der Mensch ist ein kleiner Kosmos. Ein Mikrokosmos gegenüber der grossen Welt, dem Makrokosmos. Materie, Erde und Leib sind die Heimat der menschlichen Geistesentwicklung. Die Schöpfungsgeschichte der Genesis beschreibt, was wir in der menschlichen Embryonalentwicklung beobachten können. Aus der Serie: «Vom Geschöpf zum Schöpfer» von Andreas Beers. Teil 4.

Detailausschnitt von «Die Präsenz Gottes zwischen Sonne, Mond und Erde» (Michelangelo Buonarroti) / © Foto: Mia Leu

Wir verstehen das Leben, wenn wir es als Einheit denken und erfassen. Das Detail ist immer Ergebnis des Ganzen. Das Ganze ist niemals Summe des Details. Suchen wir Antworten durch Sezieren und nur im Studium des kleinsten Teiles, verlieren wir das Ganze aus dem Bewusstsein. Diese Wissenschaftsmethode hat uns grosse Einblicke in die Materie beschert. Das Leben als Einheit wurde dabei aus der Gleichung gestrichen. Diese Denkweise hat weitreichende Konsequenzen auf die Interpretation dessen, was wir sehen, beziehungsweise was wir zu sehen glauben. In den Evolutionstheorien und vor allem in den medizinischen Wissenschaften zeigt sich diese Fehlentwicklung in drastischer Weise. Wir haben diesbezüglich keine Erkenntniswissenschaft mehr, sondern eine Meinungswissenschaft, die im Diskurs nur noch verteidigt was sie zu wissen glaubt.

Der Körper des Menschen ist zunächst die Eizelle, seine Ursprungsgestalt eine Kugel: «Die Eizelle ist ein Ganzes und dieses Ganze differenziert sich schrittweise.» Die Gestaltungsenergie darin ist Licht und Atmung. «Die Differenzierung geschieht dadurch, dass die Eizelle durch Teilung ihren Innenraum mit Zellen durchsetzt und dass die so entstandenen neuen Zellen sich immer weiter teilen. Aber immer geschieht die Vermehrung der Zellen im Innern, nie setzt sich aussen Zelle auf Zelle, wie bei einem Baukasten. Im Verlauf der Embryonalentwicklung verändert sich die Menschenkörpergestalt und nimmt die verschiedensten Formen an. Sie wird zunächst flach wie der Erdboden, in welchem aber bald Gebirge sich aufwölben. Alsdann wächst pflanzenartiges aus ihrem Erdreich empor. Es wird schliesslich fischähnlich und tastet sich durch alle Gestaltungen des Tierreiches hindurch, bis endlich das Menschenbild sichtbar wird. Immer aber ist es der sich entwickelnde Körper des Menschen, von allem Anfang an, sogar eines bestimmten Menschen». So schreibt Dr. Med. Kaspar Appenzeller, in seinem 1989 erschienenen Buch Die Genesis im Lichte der menschlichen Embryonalentwicklung.

Adam ist die Bezeichnung aus der Genesis, mit der die ersten menschlichen, noch androgynen, sprich weiblich-männlichen Wesen beschrieben werden. Diese, in der Erdensubstanz inkarnierten Wesen wurden erst in nachfolgenden Evolutionsphasen zu getrenntgeschlechtlichen Menschen. Diesen Umstand finden wir in der Embryonalphase wieder: Jeder Mensch ist zunächst zweigeschlechtlich veranlagt. In der frühen Embryonalzeit entwickelt er alle Anlagen der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane. Erst ab der sechsten Entwicklungswoche beginnt die Differenzierung im Physischen in das eine oder andere Geschlecht. Dies bedeutet, dass die Ur-Kräfte des Lebens, sprich das weibliche und männliche Schöpfungsprinzip, stets erhalten bleiben. Sie manifestieren sich jeweils gleichzeitig, im sich entwickelnden Menschen, in seiner physischen und feinstofflichen, sprich ätherischen und astralen Existenz.

Der Mensch ist stets weiblich und männlich zugleich. Das chinesische, in schwarz-weiss gestaltete Yin und Yang-Symbol weist in wunderbarer Weise auf diesen Umstand hin. Vielleicht steht dieses Bild für den in der Genesis beschriebenen Ur-Zustand des Adam-Wesens. Das männliche und weibliche Schaffens-Prinzip bilden in dieser Darstellung, in dynamischer, inniger Verbundenheit, das Ganze ab. So sind auch Licht und Dunkelheit, Aufbau- und Abbauprozesse, oder Leben und Tod immer eine existenzielle Einheit. Was wir in der Genderbewegung heute erleben, ist meines Erachtens nichts anderes, als ein unterbewusstes Suchen und Ringen nach dieser Einheit. Unsere sich im Denken, Fühlen und Handeln manifestierte, rein kausal-materialistische Weltanschauung, scheint mir kein förderlicher Weg zu sein, der diesem Tatbestand Rechnung tragen kann.

Das Göttliche ist weder männlich noch weiblich: «Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn (Adam), und schuf daraus einen Mann und ein Weib» (1. Buch Mose, 1.1/27, nach Luther). Ergo: Wenn Adam androgyn war, war es Gott auch. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass in vielen Sprachen sich die männliche und weibliche Terminologie unterscheiden. Was in der einen Sprache männlich, ist in der anderen weiblich. Dies als kleiner Hinweis zu */:_innen/LGBTQXYZ usw. Wenn wir dem weiblichen und männlichen Prinzip gerecht werden wollen, sprich das Mann- und Frausein verstehen wollen, sollten wir also mehr auf einen Wandel in unserer Weltanschauung und Gesinnung achten, und uns nicht so sehr auf «Wortmanikür» versteifen. Das Bewusstsein über die seelische- und geistige Existenz des Menschen ist ein Zentraler Aspekt dabei.

Die Schöpfung der Erde ist göttliches Werk – und der Menschgeist soll Schöpfer auf Erden sein. Das sich weiterentwickelnde, schöpferische Geistbewusstsein des Menschen ist die nächsthöhere Stufe des göttlichen Ganzen. Des Menschen Leib und Seele sind sein «Werkzeuge» dazu. Als Ergebnis jahrelanger Forschungsarbeit beschreibt Kaspar Appenzeller in seinem Werk, wie die Genesis in ihren gewaltigen Bildern exakt dasjenige darstellt, was eine moderne Wissenschaft über die Entstehung des menschlichen Leibes während seiner Embryonalentwicklung erkennen kann.

In dieser Serie bereits erschienen:
Teil 1. Wir glauben alles, wissen nichts und haben die Wahrheit gepachtet

Teil 2. Wahrheit und Wissenschaft – drei Fragen nach der Erkenntnis von Welt und Sein
Teil 3. Der Stoff, aus dem wir sind - und warum wir nicht schützen können, was wir nicht verstehen

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Andreas Beers aus Bern ist Landwirt, Arbeitsagoge und Lehrer. Er kultiviert die Erde, sät und erntet, er denkt, spricht und schreibt über: Mensch, Erde und Himmel, oder was wir zum Leben brauchen.

«Die Menschen können den Weg zum Geist wieder antreten. Dieser Weg führt zur realen Überwindung des Todes, zur Beherrschung des Leibes aus den Kräften des göttlichen Bildes heraus, aus den Kräften des Geistes.» (Kaspar Appenzeller, 1927-1999 Schweizer Mediziner und Forscher)