Montenegro auf dem Weg in die NATO – eine Gefahr für den Frieden

Wenn alles wie geplant läuft, wird Montenegro im Frühjahr 2017 Mitglied der NATO. Warum soll das kleine, von Konflikten heimgesuchte Land überhaupt Mitglied des Verteidigungsbündnisses werden? An seiner Mini-Armee von 2000 Mann, die es in die Ehe bringt, kann es nicht liegen.

Der Kern der NATO ist der Verteidigungsfall. Er tritt ein, wenn ein Mitglied angegriffen wird und die anderen Staaten zur gemeinsamen Verteidigung verpflichtet. Das war vielleicht bei der Gründung der NATO 1949 sinnvoll, als es darum ging, auch schwächere westliche Länder vor sowjetischer Aggression zu schützen. Der strategische Grundgedanke der NATO ist die Abschreckung: Auch kleinere Übergriffe können zu einem grösseren Krieg führen und sollen dadurch verhindert werden.

Der Beitritt von Montenegro zeigt allerdings, wie veraltet, ja geradezu gefährlich diese Doktrin ist. Montenegro ist ein politisches Pulverfässchen, das aber jederzeit hochgehen und einen verheerenden Flächenbrand auslösen kann. Dass sein Beitritt von den massgebenden Kräften in der NATO gefördert wird, wirft kein gutes Licht auf die globale Teppichetage. Entweder ist man dort blind oder spielt bewusst mit dem Feuer.
  
Montenegro wird seit 1997 von Milo Djukanovic regiert, wegen seiner Anfälligkeit für Korruption auch «Mister zehn Prozent» genannt. Seine Gangs attackierten damals die Opposition, plötzlich erschienen 40’000 zweifelhafte Wähler auf den Listen und während in der Wahlnacht gefeiert wurde, marschierte die Geheimpolizei im Hauptquartier der Opposition ein.

2006 löste sich Montenegro von Restjugoslawien. Bei der Volksabstimmung wurde das nötige Quorum von 55 Prozent bloss um ein paar tausend Stimmen übertroffen.
Das Land entwickelte sich in der Folge zu einem Steuerparadies mit einem Unternehmenssteuersatz von neun Prozent, der nur noch von Gebilden wie den Bahamas, den Cayman Islands oder der Isle of Man unterboten wird. (Liste der Steuersätze)
  
Die Wahlen vom vergangenen Oktober machte Djukanovic mit seiner «Demokratischen Partei der Sozialisten» zu einem Referendum über den Beitritt zur NATO und zur EU. Er erreichte damit leichte Sitzgewinne, muss aber mit oppositionellen Kräften regieren. Eine Verschärfung der Streitereien unter den Parteien ist wahrscheinlich.

Montenegro steht zudem in Grenzkonflikten mit Kosovo, Kroatien und Bosnien. Es wird bedroht von einem nationalistischen albanischen Aufstand, der den südlichen Teil einem Gross-Albanien zuschlagen will. Zudem gibt es eine starke pan-slawische, pro-russische Bewegung, die eine Wiedervereinigung mit Serbien anstrebt. Montenegro ist eine politische Zeitbombe und kann als Mitglied der NATO jederzeit den Verteidigungsfall auslösen.

Fazit: Montenegro bedeutet für die NATO keine Erhöhung der Sicherheit, sondern ist vielmehr eine schwere Hypothek, die viel kostet und gravierende Risiken birgt. Eine solche Mitgliedschaft kann nur wollen, wer eine Verschärfung der Konflikte wünscht und sich davon Vorteile verspricht.

Die «Partnerschaft für den Frieden» mit der NATO löst im Verteidigungsfall keine Verpflichtungen aus, wie Renato Kalbermatten, stv. Sprecher des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport auf Anfrage mitteilte. «Es bestehen keine Erwartungen, Verpflichtungen oder Absprachen. … Die Teilnahme an PFP  hat null einschränkende Wirkung auf unsere Handlungsfreiheit.»
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Lesetipps:

The Uselessness of NATO. Do we really need to defend Montenegro? Von Justin Raimondo
http://original.antiwar.com/justin/2016/11/29/the-uselessness-of-nato/

Does NATO Need Montenegro? Von Charles V. Peña
http://nationalinterest.org/feature/does-nato-need-montenegro-18533
06. Dezember 2016
von:

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Christoph Pfluger

Submitted by admin on Do, 07/13/2017 - 08:33

Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".

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