Die grosse Zeitpunkt-Sonntags-Umfrage




Das Zeitpunkt-Publikum gibt Gegensteuer: Während der Sonntag allgemein auf dem Rückzug ist, erleben mehr als drei Viertel der Zeitpunkt-Leserinnen und Leser heute mehr oder gleichviel Sonntag als noch vor zehn Jahren. Aber: Wer am Sonntag zur Ruhe kommen will, hat besser keine Kinder, folgert Umfrage-Forscher.    
Die Resultate aus 649 beantworteten Fragebögen sind erstaunlich. Der Befund, dass die Befragten heute eher mehr Sonntag haben als noch vor zehn Jahren (Grafik 1) widerspricht doch aller Erfahrung im Alltag. Haben am Ende vor allem Sonntagskinder an der Umfrage teilgenommen oder haben die Zeitpunkt-Leser vorausgenommen, was viele möchten: mehr Sonntag?
Mehr Ruhe, mehr NaturNicht weniger erstaunlich ist der Befund, dass die Befragten im Mittel heute am Sonntag weniger Veranstaltungen besuchen, weniger arbeiten und weniger Medien konsumieren als vor zehn Jahren (siehe Grafik 2). Im Gegenzug haben sie heute mehr Zeit für sich, mehr Ruhe und sind mehr in der Natur. Die andere Zukunft scheint beim Zeitpunkt-Publikum angekommen zu sein, zumindest in der Einstellung – über das tatsächliche Verhalten sagt eine Umfrage ja wenig aus.Was macht die Zeitpunkt-Familie an einem Sonntag? Fast die Hälfte liest! Weitere wichtige Sonntagsinhalte sind Ausruhen, Wandern in der Natur, etwas Feines kochen, spazieren sowie Zeit mit Partner, Kindern, Familie und Freunden. Sport. Medien und Kultur folgen erst in zweiter Linie, Wellness und Zeit für sich allein noch später (siehe Tabelle 1). Kaum Erotik, wenig SpielAlles in allem dann doch ein eher traditionelles Bild. So werden Tätigkeiten, die unter der Woche eher zu kurz kommen, erstaunlich selten als Sonntagsperlen genannt. Erotik, kreatives Tun, Spielen und das Schmieden von Plänen: alles unter ferner liefen… Sogar Schreiben droht zu einer aussterbenden Sonntagsbeschäftigung zu werden.Aber vielleicht hat das Zeitpunkt-Publikum ja unter der Woche Zeit für Liebe, Spiel und Nachdenken. Immerhin geben 43 Prozent der Befragten an, über mehr als einen Tag in der Woche frei bestimmen zu können, und 23 Prozent können sogar immer frei über ihre Zeit bestimmen. Offenbar besteht die Leserschaft dieser Zeitschrift aus Menschen mit überdurchschnittlicher Zeitautonomie; dafür kann die Redaktion eigentlich nur dankbar sein!Frauen und Ältere: mehr Zeit Wie ist das nun mit den Kindern, der Natur und den Sonntagen? Untersuchen wir mal die Faktoren, die zu einer Veränderung im Sonntagsverhalten in den letzten zehn Jahren geführt haben könnten.Wer mobiler ist, hat mehr Kontakte, besucht mehr Veranstaltungen, erledigt mehr Arbeit, hat aber weniger Ruhe, weniger Zeit für sich, ist weniger in der Natur und hat gefühlsmässig weniger Sonntag. Sogar der Medienkonsum scheint bei erhöhter Mobiltät abzunehmen.Mehr sonntägliche Ruhe empfindet heute zudem, wer nicht mit Kindern zusammen lebt. Was, bitte, hat sich diesbzüglich denn verändert? War es vor zehn Jahren einfacher, neben und mit Kindern Ruhe zu finden? Oder sind Eltern heute gestresster? Dass Sonntagserholung und Kinder über Kreuz zu sein scheinen, ist ein Alarmzeichen.Berufliche Arbeit am Sonntag fördert das Gefühl, heute weniger Sonntag zu haben als früher. Sonntags arbeiten müssen eher jüngere, weniger zeitautonome Menschen, die ihren Sonntag nicht so spontan gestalten können – und eher Menschen, die mit Kindern leben.Mehr Zeit in der Natur ist verbunden mit mehr Zeit für sich selber. Förderlich sind eine spontane Sonntagsgestaltung und ein gewisser Verzicht auf Medienkonsum. Mehr Zeit für sich selber nehmen sich eher Frauen, Zeitautonome und über 50-Jährige.Mehr Betrieb am Sonntag?Wir wollten von den Befragten auch wissen, wie sie zur gesetzlichen Regelung der Sonntagsruhe stehen. Eine Mehrheit von 56 Prozent will, dass Ladenöffnungen am Sonntag und Sonntagsarbeit nur ausnahmsweise erlaubt werden. 35 Prozent halten an der geltenten Regelung fest, und nur 9 Prozent sind «für längere Ladenöffnungszeiten am Sonntag und für die Freigabe der Sonntagsarbeit».Dieses Ergebnis ist sicher nicht repräsentativ für den Souverän. Trotzdem hält es jeder verfügbaren statistischen Analyse stand; weder Geschlecht noch Alter noch Grösse des Wohnorts oder andere Variablen bringen eine Veränderung. Wenn es nach den Zeitpunkt-Lesern ginge, käme wieder mehr Sonntag ins Land.


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Mehr über das Verschwinden des Sonntags im Schwerpunktheft «Am siebten Tag»
17. Dezember 2013
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