Israelisches Parlament stimmt trotz Massenprotesten für «Justizreform»

Aber: UN-Sicherheitsrat verurteilt Siedlungsbau, schreibt Knut Mellenthin
Veröffentlicht: 21. Feb 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 21. Feb 2023

Die israelische Regierung ist am Dienstag mit ihrer «Justizreform» einen grossen Schritt vorangekommen. Das Parlament stimmte nach stundenlanger Debatte am frühen Morgen kurz nach Mitternacht in erster Lesung einem wichtigen Gesetz zu. Zuvor hatten Zehntausende rund um das Knessetgebäude in Jerusalem gegen die reaktionärste Regierung in der Geschichte Israels protestiert. Schon am späten Sonnabend waren nach Angaben der Veranstalter fast 250´000 Demonstranten in rund 40 Orten auf der Strasse gewesen. Die Abstimmung am frühen Dienstag ergab eine klare Mehrheit von 63 gegen 47 Stimmen ohne Enthaltungen.  

Mit dem Gesetz würde, wenn es wirklich durchkommt, der Gerichtshof weitgehend entmachtet: Er würde das Recht verlieren, neue Gesetze ausser Kraft zu setzen, die den Basic Laws – dem israelischen Äquivalent einer dort nicht existierenden Verfassung – widersprechen. Diese Regelung würde ab sofort gelten: Der Oberste Gerichtshof könnte also das auf dem Weg befindliche Gesetz nicht aufheben. Die zweite und dritte Lesung des Gesetzes sind erst für etwa Ende März geplant. Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass 66 Prozent der Israelis gegen die geplante «Justizreform» sind. 

Montagnacht sprach der UN-Sicherheitsrat seine «tiefe Sorge und Bestürzung» über Israels Ankündigung vom 12. Februar aus, die zionistischen Siedlungen im besetzten palästinensischen Westjordanland noch mehr auszudehnen und mehrere provokatorisch angelegte «Aussenposten» nachträglich zu legalisieren. Auch die USA stimmten überraschend der Stellungnahme zu. Diese hat allerdings keine praktischen Auswirkungen.