Nordsyrien: 800 Angriffe der Türkei auf Rojava

Es ist ein Dauerkrieg mit niedriger Intensität: Syrische Demokratische Kräfte legen Jahresbilanz vor, schreibt Nick Brauns
Veröffentlicht: 1. Jan 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 1. Jan 2024

Eine zum Jahresende vorgelegte Bilanz der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDK) verdeutlicht das Ausmaß der permanenten Angriffe der Türkei auf autonome Gebiete Nordsyriens. Sie zielen auf die weitere Vertreibung der Zivilbevölkerung und die Delegitimierung der Autonomen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien durch die Zerstörung der Lebensgrundlagen und das Schüren von Unsicherheit.

 

Die SDK als Verteidigungskräfte der Selbstverwaltung registrierten laut der von der kurdischen Nachrichtenagentur ANF am Sonntag veröffentlichten Übersicht im Jahr 2023 knapp 800 Angriffe der türkischen Armee und ihrer aus Dschihadisten gebildeten Söldnertruppen, darunter mehr als hundert Luftangriffe.

Am schwerwiegendsten waren zwei Wellen von Luftangriffen Anfang Oktober und Ende Dezember. Zu den 74 getroffenen Zielen »gehören Ölfelder, Raffinerien und Tanklager sowie Wasser- und Kraftwerke, Getreidesilos, Schulen, Krankenhäuser und die Wohnhäuser der Zivilbevölkerung«, so das Medienzentrum der SDK. Da westlich des Euphrat die russische und östlich die US-Armee die Lufthoheit besitzen, appellierten die SDK neben anderen internationalen Mächten an diese beiden Garantiemächte für die 2019 mit der Türkei geschlossenen Waffenstillstände, »ihren Verpflichtungen nachzukommen und einzugreifen, um die türkischen Verbrechen zu stoppen«.

 

Bei den Luft- und Artillerieangriffen seien 39 Zivilisten, darunter elf Minderjährige, getötet und 84 weitere verletzt worden. Zudem erfolgten nach Angaben des in Kamischli ansässigen, von ausländischen Presseaktivisten betriebenen Rojava-Informationszentrums (RIC) vom 30. Dezember im vergangenen Jahr 198 gezielte türkische Drohnenangriffe auf Fahrzeuge und Gebäude.

Dabei seien 105 Personen, darunter 31 Zivilisten, getötet und 123 verwundet worden. Ihre eigenen Verluste im vergangenen Jahr beziffern die SDK, denen neben kurdischen mehrheitlich arabische Soldaten, aber auch kleinere assyrische und armenische Kontingente angehören, mit 173 Soldaten. Ihrerseits führten die SDK 143 Vergeltungsangriffe auf die türkischen Besatzungstruppen durch, bei denen 237 Söldner und Soldaten getötet und Hunderte weitere verwundet worden seien.


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