Die öffentliche Meinung zu Gefahren des Handygebrauchs in der Schule kippt

Noch werden aber die Gefahren von WLAN verkannt. Wie psycho-soziale Defizite und WLAN-Bestrahlung zusammenwirken.

Kinder mit Handys
Die ausserschulische und schulische Digitalisierung ist Ursache massiver Entwicklungsstörungen. Foto: AdobeStock

Immer öfter wird nun in den Leitmedien ungeschminkt über gesundheitsschädigende Auswirkungen der ausufernden Nutzung von Smartphones und Tablets auf Kinder und Jugendliche berichtet. In Frage gestellt wird das Mantra der Befürworter der Digitalen Bildung und WLANisierung von Kitas und Schulen: Kinder müssten möglichst früh ein Smartphone bekommen, um sich in der digital organisierten Welt zurecht zu finden. Die Fakten sind nun auf dem Tisch: Das Gegenteil tritt ein. Leitmedien berichten darüber. Was noch nicht gesehen wird, sind die Auswirkungen der Strahlenbelastung durch die WLANisierung.

40 Experten aus Pädagogik und Medizin fordern einen Stopp der Digitalisierung von Erziehungseinrichtungen (Moratorium). In Schweden und Frankreich wurde dies bereits vollzogen, die Niederlande, Grossbritannien, Finnland und Neuseeland folgen (FAZ, J. Kuroczik, 26.01.2024). Elf deutsche Fachverbände publizierten die Leitlinie zur dysfunktionalen Bildschirmmediennutzung. Über diese Entwicklung berichteten in den letzten Monaten u.a. die Süddeutsche Zeitung, die Neue Züricher Zeitung, die TAZ und der Deutschlandfunk. Man kommt an den Fakten nicht mehr vorbei. Immer weniger Viertklässer können gut sprechen, lesen, schreiben, rechnen und zuhören. Diese Ergebnisse des IQB-Bildungstrends und der jüngsten Pisa-Studie sind für das deutsche Bildungssystem, vor allem aber für die Zukunft der jungen Menschen, verheerend.

Ein Hauptgrund: Smartphone-Nutzung

Der Kölner Stadt-Anzeiger titelt: «Nach Pisa-Schock. Schul-Debatte in NRW – «Tablets im Unterricht machen Kinder dümmer»(26.01.2024). Beispielhaft beschreibt der Artikel in der Stuttgarter Zeitung (StZ) im Titel die Folgen: «Immer mehr Kindern fehlen die Worte. Ein Grund ist, dass Kinder mehr Zeit an Bildschirmen verbringen!» (26.01.2024)Zu den Ursachen zitiert die StZ die Kaufmännische Krankenkasse (KKH):

Der Hauptgrund dafür sei die intensive Nutzung von Smartphone, PC und anderen digitalen Medien, die an die Stelle direkter Kommunikation getreten sind. 

    Der StZ-Artikel dokumentiert, dass der frühe Smartphone-Gebrauch zum krassen Gegenteil von dem führt, was dutzende digitalaffine Medienpädagogen propagieren: Frühe Mediennutzung führe zum mündigen Bürger. Eine immer grössere Anzahl von Kindern hat eine reduzierte Sprachkompetenz, wird un«mündig» durch die Mediennutzung, und sie haben in ihren Eltern meist ein schlechtes Vorbild. Die ausserschulische und schulische Digitalisierung ist Ursache massiver Entwicklungsstörungen. Die Stuttgarter Zeitung präsentiert die Fakten:

    Immer mehr Kinder und Jugendliche sind wegen Sprachentwicklungsstörungen in logopädischer Therapie. Laut einer aktuellen Datenauswertung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) stieg die Zahl der Betroffenen zwischen sechs und 18 ]ahren von 2012 bis 2022 um rund 59 Prozent. Bundesweit sind in dieser Altersgruppe fast neun Prozent der Kinder und Jugendlichen in logopädischer Behandlung - fast jeder zehnte Junge und rund jedes 15.Mädchen. Am höchsten ist die Steigerungsrate im Zehn-Jahres-Vergleich bei den 15-bis 18-Jährigen mit fast 144 Prozent.

    Die Zahlen sind bedenklich: «Sprache und Sprechen sind Grundpfeiler für die Entwicklung eines Kindes», sagt Vijitha Snjivkumar vom Kompetenzteam Medizin der KKH und ergänzt: «Denn Sprachkompetenz ist einer der Schlüssel, um Bedürfnisse, Gedanken und Gefühle mitzuteilen, sich die Welt zu erschliessen, sie zu verstehen und sozial mitzugestalten.»

    Die Ursachen dieser Entwicklung zur Unmündigkeit durch Sprachinkompetenz werden deutlich benannt:

    «In vielen Familien wird zu wenig kommuniziert, selbst bei den Mahlzeiten nicht. Dadurch fehlen Sprachanreize, die eine gesunde Entwicklung fördern», so die KKH - Expertin Vijitha Snjivkumar. Der Hauptgrund dafür sei die intensive Nutzung von Smartphone, PC und anderen digitalen Medien, die an die Stelle direkter Kommunikation getreten sind.

    Der Kinderarzt Özgür Dogan weist in der StZ darauf hin, dass die Schädigung schon bei der stillenden Mutter beginnt, «die kaum noch Blickkontakt zu ihrem Säugling halte, weil sie mit dem Mobiltelefon beschäftigt ist» oder wenn «Kleinkinder vor Medien geparkt würden»:

    Die zwischenmenschlichen Interaktionen bleiben so auf der Strecke. Auch muss das Kind nichts aktiv unternehmen. Es blickt passiv wie ein Zombie auf einen Gegenstand und ist abgestellt.

    Wie man gut erzieht, weiss man seit mehr als 200 Jahren aus der Pädagogik

    Die Stuttgarter Zeitung schreibt zum Ausweg aus der Bildungskatastrophe und möglichen Alternativen:

    Am wirkungsvollsten seien Therapien dann, wenn vor allem die Eltem, aber auch Kindergarten und Schule unterstützten. Jeder hat da seine Aufgabe, betont der Oberarzt Andreas Oberle (Klinikum Stuttgart).

    Auch mit bewussten Freizeitaktivitäten - wie zum Beispiel Singen und Lesen - könne viel bewirkt werden. «Sprachförderung lässt sich gut in den Alltag integrieren und beginnt gleich nach der Geburt», sagt auch der Sprecher der AOK. Schon bevor der Nachwuchs sprechen lerne, entwickle sich das Sprachverständnis. Deshalb sollten Eltern von Anfang an viel mit ihrem Nachwuchs kommunizieren. Wichtig sei dabei, sich dem Kind zuzuwenden und Blickkontakt zu halten. Fingerspiele, Klatschverse, Lieder und Bilderbücher seien ideale Fördermöglichkeiten.

    Auch beim gemeinsamen Bewegen auf dem Spielplatz oder in der Natur werde ganz automatisch der Wortschatz erweitert, weil ständig neue Anregungen dazukämen und sich draussen mit neuen Wörtern häufig auch Sinneseindrücke und Emotionen verbänden. Das bedeute aber auch, dass Eltern bei solchen Aktivitäten dem Kind ihre Aufmerksamkeit schenken sollten und nicht dem Smartphone.

    Das alles ist nicht neu. Man hätte nur auf die pädagogische Wissenschaft und Entwicklungspsychologie, von Pestalozzi im 19. Jahrhundert über Montessori, Kerschensteiner, Piaget und heutige wissenschaftliche Experten hören müssen, statt auf Bertelsmann und die Digitallobby. Neurobiologen wie Prof. Gertraud Teuchert-Noodt warnten auf Grund ihrer Erkenntnisse aus der Hirnforschung vor dieser Abwärtsentwicklung, im Buch «Die Lüge der digitalen Bildung» (Lembke, Leipner 2018) wurde sie prognostiziert.

    Deutsche Bildungspolitik: Ein Schritt vor und zwei zurück

    Im Besteller «Digitale Demenz» von Prof. Manfred Spitzer, erschienen vor über 10 Jahren, wird schon durch hunderte Studien nachgewiesen, warum der frühe Bildschirmgebrauch Kinder krank macht (Link zum Rückblick von Spitzer: «10 Jahre Digitale Demenz. Vom Shitstorm zum Mainstream»). Auch die BLIKK-Studie (2017) der Bundesregierung sagte die Schädigungen voraus:

    Demnach hätten Babys häufiger Fütter- und Einschlafstörungen, wenn die Mutter parallel digitale Medien nutzt. Kleinkinder zwischen zwei und fünf Jahren sowie Kinder und Jugendliche zwischen acht und 13 Jahren zeigten häufiger motorische Hyperaktivität, Konzentrations- und Sprachentwicklungsstörungen sowie Unruhe.

    Die alarmierenden Ergebnisse wurden nicht beachtet. Stattdessen ergoss sich ein Shitstorm in Medien, aus Landesmedienzentren (z.B. Landesmedienzentrum Stuttgart: «Der Spitzer geht um») und von Bildungspolitikern über diese Wissenschaftler. Doch deren Kritik scheint nicht vergebens gewesen zu sein. Die Bildungspolitik kann sich aber immer noch nicht vom Einfluss der Digital-Lobby lösen. So wird jetzt in allen Bundesländern beschlossen, die Sprachförderung in den KiTas und Grundschulen zu intensivieren, aber gleichzeitig sollen noch mehr Tablets eingeführt werden. Ein Schritt vor - zwei zurück, die Kritik muss also weiter geführt werden, so wie es derzeit beispielhaft eine Gemeinderatsfraktion in Stuttgart macht. Konzepte für eine Erziehung zur Medienmündigkeit liegen ausgearbeitet vor. Die Argumente sind mehr denn je auf unserer Seite.

    Grafik

    Grafik aus der südkoreanischen Studie: Mehr als 4 Stunden Nutzungszeit, heute «normal», korrellieren mit einem Anstieg von Stress, Schlafstörungen, Depression, Suizid, Alkohol, Rauchen und Smartphone-Sucht. Cha et al. 2023 Open Access

    Jong Ho Cha, Young-Jin Choi, Soorack Ryu, Jin-Hwa Moon: Association between smartphone usage and health outcomes of adolescents: A propensity analysis using the Korea youth risk behavior survey, Published: December 6, 2023, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0294553

    Südkorea ist das Land, in dem die Kinder und Jugendlichen zu nahezu 100% dem digitalen Hype verfallen sind. Die aktuelle regierungsfinanzierte Studie von Cha et al. (2023) aus Südkorea bestätigt nun die verheerenden Folgen:

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unsere Studie einen kurvenlinearen Zusammenhang zwischen der Nutzungsdauer von Smartphones und unerwünschten gesundheitlichen Folgen aufzeigt. Die negativen Auswirkungen einer übermässigen Smartphone-Nutzung traten ab einer täglichen Nutzungsdauer von 4 Stunden zutage. Diese Ergebnisse sollten dazu beitragen, Richtlinien für die Nutzung von smarten Geräten und Aufklärungsprogramme für eine angemessene Mediennutzung zu erstellen.

    Mehr als 4 Stunden Nutzungszeit, heute «normal», korrellierten, so die Studie, mit einen Anstieg von Stress, Schlafstörungen, Depressionen, Suiziden, Alkohol, Rauchen und Smartphone-Sucht. Die Autoren fordern staatliche Leitlinien zum Umgang mit digitalen Medien.

     

    Schweizer Studien: Strahlung beeinträchtigt die Gedächtnisleistung

    diagnose:funk war 2017 an der Gründung des Bündnisses für humane Bildung als Reaktion auf den Digitalpakt Bildung beteiligt. Der Digitalpakt Bildung hatte auch zur Folge, dass alle Erziehungseinrichtungen mit WLAN ausgestattet und durch die Strahlenbelastung die Gesundheit von Schülern und Lehrern massiv beeinträchtigt wird. Die psycho-sozialen Schädigungen stehen in Wechselwirkung mit den Auswirkungen der Strahlenbelastung auf das Gehirn. Ein grosser Fortschritt: Die neue Leitlinie zur dysfunktionalen Bildschirmmediennutzung beeinhaltet auch ein Kapitel, in dem der Schutz vor der Strahlung gefordert wird. Dieser Aspekt wird bisher von der Politik und den Medien nicht beachtet, obwohl die Studienlage inzwischen keine Zweifel über die negativen Auswirkungen der Strahlung lässt. Die Deutungshoheit zu den Risiken liegt immer noch bei der Industrie.

    Im Jahr 2015 wies die Schweizer Arbeitsgruppe Schoeni et al.(2015) bei 429 Jugendlichen im Alter von 12-17 Jahren nach, dass die Handynutzung die Gedächtnisleistung verringert. In der Auswertung im EMF-Portal (Referenzdatenbank der WHO) heisst es:

    Die Autoren schlussfolgerten, dass eine Verminderung der Gedächtnis-Leistung im Verlauf eines Jahrs mit der kumulierten Nutzungsdauer von Mobiltelefonen und Schnurlostelefonen und stärker mit der Dosis von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern zusammenhing. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Exposition bei hochfrequenten elektromagnetischen Feldern die Gedächtnis-Leistung beeinflusst.


     

    Video: Prof. Michael Kundi interpretiert ab Min. 25:14 die Ergebnisse der Studie von Foerster et al. (2018) zu Wirkungen der Strahlung auf das figurale und verbale Gedächtnis von Jugendlichen

    Diese Studie wurde 2018 von Förster et al. (2018) mit 895 Jugendlichen repliziert. Ein Jahr lang wurde die Handynutzung von Zwölf- bis Siebzehnjährigen ausgewertet. Wie zu erwarten, wiesen die Vieltelefonierer eine erhöhte Strahlenbelastung des Gehirns auf. Die spannende Erkenntnis: Je mehr Telefonate, desto schlechter die Leistung im figuralen Gedächtnistest. Auch das verbale Gedächtnis zeigte schlechtere Ergebnisse. Die wissenschaftliche Bedeutung dieser Studie erläutert Prof. Michael Kundi (Medizinische Universität Wien) in einem Vortrag ab Minute 25:14.

    Neue Studienaufarbeitung zu WLAN

    Die Ursachen für die Ergebnisse dieser epidemiologischen Studien konnten durch medizinisch-biologische Studien nachgewiesen werden. Es sind Veränderungen des Gehirnstoffwechsels durch die Strahlung, sowohl durch die WLAN-Trägerfrequenz 2450 MHz als auch die Taktung von 10 Hz. Diese biologischen Zusammenhänge legte Peter Hensinger in einem Vortrag vor Medizinern im Januar 2024 dar in seiner neuen Studienaufarbeitung «WLAN zuhause und an Schulen – die Risiken. Welche Alternativen gibt es, die auf die Gesundheit vermehrt Rücksicht – nehmen?»(Studienaufarbeitung, PowerPoint-Folien dazu). Es sind weit mehr als 100 Studien, die gesundheitsschädigende Auswirkungen von WLAN nachweisen. Zum Schluss seines Vortrages vor den Medizinern heisst es:

    Die Strahlung wirkt sich toxisch in vielfältiger Weise auf den Organismus aus. Bei einer widersprüchlichen Studienlage gilt bereits das Vorsorgeprinzip, bei den Erkenntnissen, die wir zu den Auswirkungen zu WLAN haben, müsste die Gefahrenabwehr gelten.

    Angesichts des toxischen Potentials der WLAN-Strahlung wird der Widersinn der Nutzung von WLAN in Krankenhäusern klar. Deshalb fordern wir auch spezielle WLAN-freie Krankenzimmer, besonders auch für elektrohypersensible Menschen. Und stellen Sie sich vor, in der Schule sind Lehrer und Schüler mit einer Krebsbiografie, sie werden einer krebspromovierenden Strahlung ausgesetzt!

    Die Dauerbestrahlung wird Kinder elektrohypersensibel machen. Die massive Anstieg z.B. von Kopfschmerzen und Unkonzentriertheit bei Kindern ist ja dafür schon ein Indiz. diagnose:funk hat eine Internetseite zur Elektrohypersensibilität www.diagnose-ehs.org und dazu das Buch« unerlaubte Krankheit» herausgegeben. 

    diagnose:funk hat eine Bewegung für WLAN-freie Schulen initiiert und fordert Ärzte, Eltern und Lehrer auf, an den Kitas und Schulen über die Risiken mit dem Ziel aufzuklären:

    Unsere Schule und Kita bleiben WLAN-frei!