Die Slums von Nairobi leben neue Wirtschaft schon heute

Wie Lokalwährungen den lokalen Handel unterstützen und die Armut mindern.

Wer den Beweis für erfolgreiches alternatives Wirtschaften sucht, sollte den Blick nach Kenia wenden: Seit Oktober 2014 gibt es dort die erste Regionalwährung Nairobis, den Gatina Pesa. Eingeführt wurde er in der Slum-Gemeinde Kawangware, von der Non-Profit Organisation Koru Kenya gemeinsam mit der deutschen Partnerorganisation Nyendo-Lernen. Anstatt Gewinn aus Schulden zu schöpfen, unterstützt die neue Währung den lokalen Handel und mindert die Armut. 



Die Scheine bleiben ständig im Umlauf – sie sind eine strukturierte Form des Tauschhandels unter den registrierten Mitgliedern des «Gatina Business Networks». Ein lokales Kleinunternehmen kann Mitglied werden, wenn es beweisen kann, dass es mit seinen Waren und Dienstleistungen den Wert von 400 Pesas decken kann. Zudem müssen vier Mitglieder für seine Aufnahme bürgen. Den Anfangsbetrag von 400 Gatina Pesas erhält das Neumitglied umsonst, wie ein zinsfreier und nicht rückzahlbarer Mikrokredit. Davon gibt er aber die Hälfte wieder ab, in einen gemeinschaftlichen Fonds für soziale Projekte.  Als komplementäre Währung werden die Gatina Pesas parallel zu den offiziellen Kenya Shilling eingesetzt, um nützliche Waren auf dem Markt absetzen zu können, für die sonst niemand Geld hätte.




Ende Jahr geben die Mitglieder ihre Scheine an den Chairman zurück und bekommen dafür neue Scheine mit einem neuen Stempel, abzüglich 10 Prozent. Diese 10 Prozent werden dafür verwendet, die Ausgaben für die Regionalwährung (wie z.B. der aufwändige Druck oder die Einführungsseminare für interessierte Unternehmen) in Zukunft unabhängig zu bestreiten. Bis jetzt wurde die Lancierung des Gatina Pesas nämlich mit Geldern von Nyendo-Lernen gestützt. Diese Organisation begleitet Schülerprojekte in Deutschland, bei denen die Jugendlichen Geld erwirtschaften, um damit wiederum Projekte in Kenia finanzieren. Bei der Einführung des Gatina Pesas wurde die Arbeit von Will Ruddick (einem erfahrenen Fremdwährungs-Initiant in Afrika), T-Shirts, Flyer, Werbematerialien und ein Film über Gatina Pesa von den Schülern finanziert.


60 Geschäfte machten  den Anfang für das Netzwerk –  inzwischen sind es 100 geworden, die sich beteiligen und dadurch das Handelsvolumen um mehr als umgerechnet 7000 Euro erhöhen konnten.
Mitglieder des «Gatina Business Networks» sind Geschäftsleute wie Müller, die Mais mahlen, Apotheker, Schneiderinnen, Obst- und Gemüsehändler, Müllsammler, Bäckerinnen von Mandasi und Samosas und viele andere. Das durch die Verwendung von Gatina-Pesas zusätzlich erwirtschaftete Vermögen sollte sich auf mehr als 20 000 Euro innerhalb eines Jahres erhöhen. Das würde einen Zuwachs von 25 Prozent des lokalen Geschäftsnetzes bedeuten.


Die neue Währung soll Bildung, Umweltschutz, lokale Wirtschaft und die soziale Gemeinschaft stärken. So ermöglicht die Regionalwährung bereits mehr als 20 Schülern den Schulbesuch und hunderte warten auf dieselbe Chance. In zwei Schulen können Eltern das Schulgeld für ihre Kinder bereits mit Gatina-Pesa bezahlen, zehn weitere bereiten sich darauf vor. Bei einer grossangelegte Müllsammelaktion in den Strassen von Kawangware wurden über 10 Tonnen Abfall zusammengetragen; die Beteiligten wurden mit je 50 Gatina-Pesa aus dem Fonds für soziale Projekte entlöhnt.


Das erfolgreiche Modell verbreitet sich: Weitere Gemeinden der Slums in Nairobi planen ihren Eintritt ins Netz der Lokalwährungen! In die Kangemi Gemeinschaft soll der Kangemi-Pesa im April 2015 eingeführt werden und die Lindi Gemeinschaft  in Kibera ist auch bereit, in diesem Jahr ihre eigene Regionalwährung einzuführen. Bald könnte also auch der Handel unter den beteiligten Gemeinden über das Gutscheinprogramm abgewickelt werden.


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Mehr Informationen: www.koru.or.ke und www.nyendo-lernen.de