Initiative «Für eine sichere Ernährung» startet heute

Die Lebensmittelversorgung der Schweizer Bevölkerung ist heute zu 50% vom Ausland abhängig. Und was ihre Wasserversorgung angeht, weiss die Schweiz nicht, wieviel Wasser sie verbraucht und wieviel sie zur Verfügung hat.

Foto: Manuela Kohl

Die Unterschriftensammlung für die neue Initiative «Für eine sichere Ernährung» beginnt heute. Sie knüpft an die Forderungen der Trinkwasserinitiative an und legt den Fokus auf die Ernährungssicherheit. Sie möchte die Land- und Ernährungswirtschaft neu ausrichten: zugunsten unserer Ernährungssicherheit und genügend sauberem Trinkwasser – unserem Lebensmittel Nr. 1.

Wir stellen seit einigen Jahren auch in Mitteleuropa fest, dass Trinkwasser sowie Wasser für die Lebensmittelproduktion ein knappes und wertvolles Gut wird. Häufigere Wetterextreme zu allen Jahreszeiten und zunehmende Trockenheiten machen unsere Versorgung mit Lebensmitteln unsicherer. Darauf sind Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion nicht vorbereitet. Dazu kommt, dass die Lebensmittelversorgung der Schweiz zu 50% vom Ausland abhängt. Zwar wurde die Ernährungssicherheit 2017 in der Landwirtschaft in der Verfassung verankert. Aber wenn Importe wegfallen, kann sie nicht garantiert werden. Auch innerhalb der Schweiz gibt es keine gesicherten Daten darüber, wieviel Wasser die Ernährungswirtschaft verbraucht und wieviel sie zur Verfügung hat. 

Warum muss die Schweiz ihre Lebensmittel zur Hälfte importieren? Das liegt nicht an zuwenig Landwirtschaftsland. Es ist eine direkte Folge davon, dass die Produktion und der Konsum von tierischen Lebensmitteln gegenüber pflanzlichen Lebensmitteln massiv stärker mit Subventionen gefördert wird: mit 2,3 Milliarden gegenüber 0,5 Milliarden Franken.

Die Wiesen und Weiden der Schweiz eignen sich zwar für die graslandbasierte Fleisch- und Milchproduktion. Doch Futtermittelanbau wie Mais und Getreide auf 60% der inländischen Ackerflächen stehen in direkter Konkurrenz zur menschlichen Ernährung. Mit mehr Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln für die Bevölkerung – wie z.B. Hülsenfrüchte oder Getreide – könnten viel mehr Kalorien mit viel weniger Wasserverbrauch produziert werden. Experten schätzen, dass der Selbstversorgungsgrad von heute 50% auf mindestens 70% erhöht werden könnte. Genau das fordert die Initiative «Für eine sichere Ernährung».

Franziska Herren: «Wir reagieren damit auch auf das Umdenken in der Bevölkerung, das in der Landwirtschaftspolitik bis heute nicht stattgefunden hat: Bereits mehr als 60% der Schweizer Bevölkerung ernähren sich flexitarisch und essen der Umwelt und dem Tierwohl zuliebe bewusst weniger tierische Lebensmittel. Dies bietet den Landwirtinnen und Landwirten neue Perspektiven und die Chance, auf dem boomenden umwelt- und klimabewussten Wachstumsmarkt für pflanzliche Lebensmittel Fuss zu fassen.»

Die Hälfte der 16 Millionen Nutztiere, die in der Schweiz gehalten werden, werden mit Importfutter ernährt - mit schwerwiegenden Folgen für die Umwelt: Gülle und Stickstoff überdüngen unsere Böden, Wälder und Gewässer, belasten unser Trinkwasser mit Nitrat, zerstören die Biodiversität und die Bodenfruchtbarkeit. 

Zum Schutz der Wasserqualität und für sauberes Trinkwasser brauchen wir eine neue, ausgewogene Balance zwischen der Produktion und dem Konsum von tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln. Biodiversität und natürliche Bodenfruchtbarkeit sorgen für mehr Erträge in der Landwirtschaft und können Pestizide und Kunstdünger ersetzen. 

Die Initiative «Für eine sichere Ernährung» fordert, den Netto-Selbstversorgungsgrad durch die Produktion von mehr pflanzlichen Lebensmitteln von heute 50% auf mindestens 70% zu steigern und die Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit als Produktionsgrundlagen der Landwirtschaft sicherzustellen.

 

Kommentare

Ernährungssouveränität

von MS
Mit dieser Initiative bei der u.a. 'la via campesina' https://viacampesina.org/en/ stark beteiligt war, begann damals mein "Erwachen" als Konsument. Es darf nicht sein, dass immer noch täglich Bauernhöfe verschwinden mit der Begründung, deren Bewirtschaftung lohne sich nicht mehr. Dann wird das Wohnhaus mit grosszügigem Umschwung abparzelliert und überteuert verkauft, an gut Betuchte (Meistbietende), die dann das Wohnen im Grünen mit einem Autopark "geniessen", da sie ständig irgendwo hinfahren müssen. Derweil suchen viele junge Familien nach kleinen, bezahlbaren Höfen, um einen Beitrag an die Ernährungssouveränität und Biodiversität zu leisten, werden aber kaum fündig. Letztlich braucht es, nebst der Politik, die sich dieser Problematik endlich bewusst werden muss, auch bewusste Konsument:innen die bspw. eine SoLawi in Form eines Gemüseabos unterstützen, direkt auf dem Biohof oder beim Biofachgeschäft (welche oft landwirtschaftliche Produkte direkt vermarkten) einkaufen und die ausbeuterischen Grossverteiler links liegen lassen. https://www.kleinbauern.ch/dossier/strukturwandel/ https://www.solawi.ch/hilfe/ https://www.unverpacktschweiz.org/%C3%BCber-uns https://www.kartevonmorgen.org/   Danke