Chapeau! für das Openfoodnetwork

Per Knopfdruck Gemüse frisch ab Hof. Und: Die Bauern aus dem Griff der Grossverteiler befreien. Das möchte die Internetplattform Openfoodnetwork.

Ein Gemüsekistli oder Tofu aus der Region, so oft man will, wann man will, von wem man will. OFN soll’s möglich machen. (Bild: shutterstocks)

Rüebli, die abgelehnt werden, weil sie zu klein oder zu gross geraten sind. Tomaten, die zur opulentesten Zeit reif werden, und von den Bauern in die Äcker untergraben werden müssen. Denn das Verpacken des Sommergemüses würde sie mehr kosten, als die Supermarktketten bereit wären zu zahlen. 

Die Grossverteiler wenden harte Qualitätsmerkmale an. Die Konsumenten auch. Greifen nur zu bei rundum roten Äpfeln und geradegewachsenen Gurken. Nur manchmal wird in Schmuddelecken verformtes Gemüse und Obst abgestossen, zu verringerten Preisen.

«Openfoodnetwork» (OFN) möchte gegen diese Normierung, den Preisdruck und die Abhängigkeit der Landwirte von den Grossverteilern einen Kontrapunkt setzen. 

Allerdings steckt das Projekt in der Schweiz noch in den Kinderschuhen. So sind die meisten «Läden» geschlossen, das heisst, man kann noch nicht über die Openfood-Plattform einkaufen. Was funktioniert, ist der Link auf die Höfe.

«Die Hubs in der Ostschweiz und in Luzern sind am weitesten fortgeschritten», sagt Martina Brun. Die Agrarökonomin arbeitet zu 50 Prozent als Projektleiterin von Openfoodnetwork Schweiz (OFN CH). Ein Hub kann ein Laden mit Öffnungszeiten sein, der von mehreren Bauernhöfen in der Region beliefert wird. Es kann sich aber auch um eine Garage handeln, von dem aus Gemüsekisten, von verschiedenen Produzenten bestückt, ausgeliefert werden. 

Initiiert werden die Hubs nicht immer von Landwirtinnen. Auch Konsumentinnen wollen zunehmend ihre Kartoffeln, Zuchetti oder Kürbisse aus der unmittelbaren Umgebung beziehen und regen die Höfe an, sich an Systemen der Direktvermarktung zu beteiligen. Und sind gewillt, mehr für die regionalen Produkte auszugeben. Konsumenten, so Brun, würden sich zunehmend auch zu sogenannten Foodcoops zusammenschliessen, das sind Einkaufsgemeinschaften, die bei den Produzenten grosse Menge einkaufen und sie untereinander verteilen würden. Auch dabei kann OFN CH sie unterstützen.

OFN Schweiz regt zwar in ihrer Charta die Bäuerinnen an, ökologisch zu produzieren. Aber es ist kein Kriterium, um als Produzent aufgenommen zu werden. «Wir setzen auf Vertrauen und Selbstdeklaration», sagt Brun. Wer weiss, wie riesengross und kleinkariert der Administrativaufwand ist, um ein anerkanntes Biolabel zu erhalten, schätzt die Zurückhaltung des OFN.

OFN funktioniert bereits in 20 Ländern. Australien ist 2012 gestartet und gehört zu den ersten Ländern, die OFN implementiert haben. Geht man auf deren Website, ploppen Dutzende, wenn nicht Hunderte von Hubs auf, bei denen man die unterschiedlichsten landwirtschaftlichen rohen oder verarbeiteten Produkte kaufen kann, von Kaffeezubereitungen bis Pouletspiesschen. 

Das Openfoodnetwork Schweiz (OFN CH) ist seit einem halben Jahr aktiv und treibt die oft komplexe Vernetzungsarbeit voran. Nicht nur wollen die Bauernhöfe physisch mit ihren potentiellen Kunden vernetzt werden. Auch die Internetplattform ist nicht ohne, wenn es auch hilft, dass OFN eine «internationale Bewegung ist», so Brun, «und die Software weltweit weiterentwickelt wird.». So könne OFN CH Geld sparen. Doch auch so sind die zu bewältigenden Aufgaben herausfordernd, wenn es etwa gilt, mit den bestehenden Direktvermarktungsanbietern wie Gebana zusammenzuspannen. Ziel ist, dass die Kundinnen ihren Warenkorb bequem aus den verschiedensten Quellen speisen können, ohne jedesmal mühsam den Anbieter wechseln zu müssen. 

Unterstützt wird die OFN von der Seedling Foundation, die die Finanzierung für eineinhalb Jahre zugesichert hat. Eine steile Vorgabe. Denn in dieser kurzen Zeit müssen die Hubs aufgebaut, neue Absatzkanäle eingerichtet und allerlei Werbeunterlagen erstellt sein. Und auch die weitere Finanzierung muss sichergestellt werden. Natürlich sei es das Ziel, erklärt Brun, dass Openfoodnetwork dereinst selbsttragend sein würde. Soweit ist man aber noch nicht. Aber auf dem besten Weg. Das hat auch die EU erkannt. Sie hat den Verein Openfoodnetwork mit dem Social Economy Award «Digitalization» belobigt. 

 

Zur bäuerlichen Direktvermarktung im Zeitpunkt bisher erschienen: