Atomausstieg funktioniert nur, wenn wir zur Kohle zurückkehren. Erneuerbare Energien sind nice to have, können uns aber nicht versorgen. So ähnlich klingt der politische Diskurs vielerorts. Das zentralamerikanische Land Costa Rica beweist aber: Es geht auch anders!

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Seit Jahren deckt Costa Rica mehr als 98 Prozent seines Strombedarfs mit erneuerbaren Energien. Durch seinen Standort und sein Klima ist das zentralamerikanische Land prädestiniert, um nicht-fossile Energiequellen wie Wind-, Sonnen und Wasserkraft oder Geothermie zu nutzen. Die Wasserkraft steht dabei an erster Stelle, da es im Zentralgebirge mehrere Wasserkraftwerke gibt.

Die Bevölkerung verfügt über ein hohes Umweltbewusstsein und trägt diese Politik mit, betont Ronny Rodríguez, Vizeminister des Energieministeriums. Entsprechend kann langfristig geplant werden – es liegen Nachhaltigkeitspläne bis ins Jahr 2050 vor.  Ziel ist es, das Land bis dann zu hundert Prozent mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Dabei sollen nicht nur ökologische, sondern auch soziale Aspekte eine Rolle spielen. Man will neue Arbeitsplätze schaffen, und die nötigen Investitionen sollen nicht auf die Steuerzahler abgewälzt werden.

Costa Rica als kleines Land mit fünf Millionen Einwohnern will nicht mehr von internationalen Krisen und Preisschwankungen im Energiesektor betroffen sein. «Die Arbeit mit einheimischen erneuerbaren Energien ist ein Weg, um nicht von externen Ereignissen beeinflusst zu werden», sagt Rodríguez. «Anders sieht es bei den fossilen Brennstoffen aus, bei denen wir von den internationalen Preisen abhängig sind.» Unabdingbar dafür sei, weiterhin in die entsprechende Forschung zu investieren und dabei die sozialen und wirtschaftlichen Fragen nicht ausser Acht zu lassen. «Energie ist kein Selbstzweck, sondern eine treibende Kraft für die Wirtschaftstätigkeit.»

Auch im Tourismussektor setzt Costa Rica auf Nachhaltigkeit: Fast 30 Prozent des nationalen Territoriums steht unter Naturschutz, und Öko-Tourismus wird besonders gefördert. Dafür hat das Land auch genügend Potenzial: In Costa Rica gibt es Meer und Berge, Regenwälder, Vulkanlandschaften und Korallenriffe. Mit einer Artenvielfalt von 500'000 einheimischen Tier- und Pflanzenarten weist das Land eine der grössten Biodiversitäten auf der Erde auf.

Hut ab vor einem Land, das zeigt, dass machbar ist, was andernorts oft als Illusion verworfen wird: eine nachhaltige Energieversorgung ohne fossile Brennstoffe und eine echte Umweltschutz-Politik.

Auch wenn in diesem Bereich noch viel Forschungs- und Reflexionsarbeit ansteht, wie der Beitrag von Samia Guemei zeigt: Auch Solarpanels und Windturbinen sind keine hundertprozentig «saubere» Lösung.

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Nicole Maron

Submitted by christoph on Mo, 04/19/2021 - 17:25

Nicole Maron (*1980) aus Zürich ist Journalistin und Buchautorin. Seit 2017 lebt und arbeitet sie in Bolivien und Peru. Ihre Schwerpunkte sind umwelt- und sozialpolitische Themen wie Flucht und Migration, globale Gerechtigkeit, Konzernverantwortung und Menschenrechte. 

Von Nicole Maron ist zuletzt erschienen: «Das Blut des Flusses» – Der in Espinar/Südperu gedrehte Dokumentarfilm zeigt auf, welche gravierenden Schäden das Schweizer Bergbauunternehmen Glencore vor Ort anrichtet.
https://www.youtube.com/watch?v=9Rj7lJc1GWY

Kommentare

Energie kann nicht erneuert werden

von juerg.wyss
Es ist ein Problem, dass immer wieder die falschen Worte benutzt werden. Erneuerbare Energie ist so ein Ausdruck. Es ist der Energieträger, der immer wieder erneuert wird. So ist Benzin ein erneuerbarer Energieträger, denn ist der Tank leer, wird er aufgefüllt. Somit ist er erneuerbar. Wasser ist auch ein Energieträger, genau wie Wind oder Sonnenstrahlen.   Wasserstoff ist auch ein Energieträger, bloss dass man zur Herstellung von Wasserstoff mehr Energie verbraucht, als Wasserstoff speichern kann, auch die Kühlung zum Lagern von Wasserstoff verbraucht mehr Energie als man aus ihm herausholen kann. Die Energie ist nicht erneuerbar, sie ist wandelbar. Und das Ding von dem wir reden ist eine nachhaltige Energiewandlung.