Die Strategie der friedlichen Umwälzung: Stimmen aus der Community, Folge 4

«Die Strategie der friedlichen Umwälzung» bewegt unsere Leser/innen. Heute: Stimmen von Hannes Heyne, Maria Distel, Christine Güttinger und Claudia Meier.

Männerhand mit blauem Ärmel, die ein Mikrofon hält, dahinter unscharf ein Garten
(Bild: Samer Daboul from Pexels)

Hannes Heyne schreibt:

Generell finde ich die (Geschichts)abhandlung zum Geld, wie es immer mehr illusionär wurde, profund, erschreckend, aber auch Ohnmacht auslösend. Dass es den Mächtigen immer wieder gelang, an Öffentlichkeit und Bewusstsein der Menschen vorbei Fakten zu schaffen, die Ungleichgewichte quasi als dauerhafte Strukturen weltweit implementieren. Selbst wenn das Geld real keine Ware ist, wird es aber weltweit so wahrgenommen und durch das Gewohnheitsdenken und Handeln real gemacht. Es gibt mir eben Handlungsmacht; die alltägliche Erfahrung ist, dass es funktioniert.

Die Faktizität des momentanen Lebens sagt: Für Geld bekomme ich Wesentliches, das ich zum Leben brauche; Wohnung, Heizung, Essen, Kleidung usw. Ohne Geld bekomme ich das nicht oder sehr viel schwieriger. Jemand, der über Alternativen nachdenkt, müsste den Weg aufzeigen können, der Schritt für Schritt woanders hin gehbar ist, und schon funktionierende Alternativmodelle zum Erleben und Anschauen vorweisen können.

Einen Widerspruch erlebe ich in der Aufforderung, den Gegner zu (er)kennen, aber zu schreiben «um dem unseligen Tanz mit dem unbekannten Teufel ein Ende zu setzen». Mit anthroposophischem Hintergrund gesegnet, denke ich wirklich, dass hier genau beschreibbare «Widersachermächte» am Werk sind, die sich Menschenhirnen und Maschinenstrukturen bedienen, um die Herrschaft zu erlangen und «das Menschliche» verschwinden zu lassen (z.B. Mensch wird Maschine oder Maschine wird Mensch).

Für mich ist wesentlich, dass der Mensch Bürger dreier Welten ist: der geistigen, wo er herkommt; der leiblichen, wo er gerade inkarniert ist, und der seelischen, die das vermittelt. Wenn der Geist verleugnet wird, ist es kein Problem, den Menschen früher oder später durch (perfektere) Algorithmen zu ersetzen und das auch noch zu feiern.

«Es geht schon jetzt» ist für mich viel zu kurz gegriffen. «Genug» heisst für jeden etwas anderes. Und es ist schwarzweiss gedacht, dass da aus einer Division von Vermögen durch Bevölkerung irgend etwas Reales anders wird oder «geht».

Gar nicht mit gehe ich bei der Argumentation, dass die «friedliche Umwälzung» Begriffe und Metaphern des Krieges rechtfertigt oder gar notwendig braucht. LTI von Victor Klemperer reicht mir als Argument, nicht in die Falle zu tappen. Ja, es gibt auch «Krieger des Lichts» (Coelho) usw. Insgesamt ist das aber kontraproduktiv - ganz im Gegensatz dazu, eine menschenverachtende und ausbeutenden Denkweise blosszustellen und ihr die Grundlagen zu entziehen bzw. sie demokratisch zu entmachten.

Kleinräumige Bio-Landwirtschaft, gesunde Nahrung usw. mag ich auch viel mehr. Hat jemand ausgeführt, wie das «Effizientere» praktisch für die ganze  Weltbevölkerung lebbar wäre, vielleicht noch mit Subsistenz, Selbstversorgung usw.? Wie viel Erde, Land, Boden und Wald brauchen wir dafür?

Ein wesentlicher Schlüssel der Veränderung sind für mich Einzelne und vor allem Gruppen und Gemeinschaften, die jetzt schon eine andere Ökonomie leben, also weg vom Gelddiktat und hin zu kreativen anderen Lösungen. All das, was da schon läuft und auch dokumentiert ist, kommt mir in dem Buch viel zu kurz. Es geht nicht nur um Regionalgeld, sondern um ein grundsätzlich anderes Herangehen mit Schenkökonomie usw.

Leider scheint das neoliberale System keine Kakophonie und die Digitalisierungswelle ebenso nicht. Eher erscheint es als stringent ausgeklügelte Denkweise und «Formatierung» des Denkens, die «automatisch» immer mehr «Geld» und Macht einer kleinen («führenden») Elite garantiert, die absolut kein Interesse daran hat, etwas in dem vom Autor beschriebenen Sinne zu ändern. Ob das Konzept, in dem wir leben, wahnhaft, schizophren oder irreal ist, spielt eine viel geringere Rolle, als dass es Denk- und Lebensgewohnheit ist und funktioniert. Das schwerste wird sein, unsere (innere) Anpassung daran umzuschreiben.

Für mich ist sehr wichtig, wie Gedanken wirken. Wenn «die Elite» (an)erkennt, dass sie ihre eigenen Lebensgrundlagen zerstört, wenn sie nur in egoistischer Manier Menschen und Erde ausbeutet, kommt Umdenken. Karmisch gesehen ist es noch ganz anders. Wer sich mit dem «Teufel» halb oder ganz bewusst verbindet, schafft grösstes Leid - nicht nur für die Welt, sondern für sich selbst. Wer will schon im nächsten Leben als Klon aufwachen? Die Mächtigen wären also so zu erschüttern, dass sie begreifen - und  die «kleinen» Initiativen von unten wären so zu ermutigen, dass sie losziehen und das Illusionäre - ob Geld, Macht oder Strukturen - einfach links (oder rechts) liegen lassen. «Geld» wird ohnehin bedeutungslos. Die Währung der Zukunft ist Aufmerksamkeit. Wo wir die hinlenken, darin sind wir (noch) frei.

 

Maria Distel schreibt:

Ich habe das Buch der friedlichen Umwälzung gelesen und hatte am Anfang Mühe, da ich auch vieles nicht verstehe. Mit der Zeit wurde es immer spannender.

Besonders schätze ich es, dass es konkrete Vorschläge bringt, die jede und jeder im Alltag umsetzen kann. Nur leider braucht es Mut.

Ich bin gespannt auf das nächste Buch. Weiter so!


Christine Güttinger schreibt:

Ich denke auch, dass es ohne grundsätzlichen Wechsel unseres Systems oder unseres Denkens fast keine Hoffnung gibt. (Obwohl ich auch nach Lektüre von zwei von Christoph Pflugers Büchern immer noch nicht verstehe, weshalb zinsloses Geld anders wäre.) Ich glaube auch, dass wir bei uns anfangen müssen.

Die soziale Homöopathie, finde ich, ist ein spannender Gedanke. Nur leider bin ich nicht so überzeugt, ob das so funktionieren kann. Vielmehr habe ich das Gefühl, die Menscheit ist wie in einem Drogenrausch, und egal was jemand tut, es wird in die marktwirtschaftliche Logik eingebaut. Auf diesen Verdacht bringt mich zum Beispiel mein Sohn. Er schaut regelmässig Sendungen, die Dinge und Ideen kritisieren oder analysieren über Verschiedenstes und informiert sich dann auch gelegentlich noch anderswo über die Themen, die er sieht. Wenn ich mit ihm über Probleme unserer Zeit spreche oder über Lösungen, so merke ich, dass er nicht schlecht informiert ist. Ins Handeln führt es aber nie. Es bleibt stecken bei: Das eine ist zwar scheisse, aber das andere ist ja auch nicht gut. (Denn natürlich werden auch neue Ideen auf Schwachpunkte gescannt.)

Die Schüler an meiner Schule finden sogar, es sei eh schon zu spät zum Handeln.
Dazu fällt mir das Buch «Qualityland» von Uwe Kling ein. Er ist Kleinkünstler und das Buch beschreibt eine durchaus realistische Zukunft im digitalen Zeitalter: Alles ist umgemünzt im wahrsten Sinne. Die Leute verlassen sich voll und ganz auf ihre digitalen persönlichen Berater und optimieren sich ständig. Wünsche werden ihnen von Algorithmen schon erfüllt, bevor sie sie denken können. Und als sich der Protagonist erfolgreich dagegen wehrt, wird das Ganze einfach ein netter digitaler Hype, der auch gleich wieder vermarktet werden kann. Etwa so stelle ich mir das vor mit unseren Aktionen.

Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob das homöopatische Prinzip wirklich so gemeint ist. Vielleicht meint es auch die Bedürfnisse dahinter. Dann müsste man fragen, welche Bedürfnisse das aktuelle Wirtschaftssystem befriedigt, und davon in homöopatischen Dosen verabreichen. Als Beispiel: Der Autor schlägt vor, die Banken quasi zu entlarven, indem man ihre Botschaften ganz verstärkt; also das Vertrauen zu erschüttern, indem man den Menschen sagt, sie könnten ganz auf die Banken vertrauen. Ich glaube aber, es wäre klüger, den Menschen eine kleine Dosis Vertrauen zukommen zu lassen. Aber wie das geht?

Vielleicht wie die Leute von Tamera, die es auf spiritueller Ebene versuchen; die sich zusammenschliessen und unsere heiligen Grundlagen (wie das Wasser) ehren und stärken durch Gebete und Rituale? Das heisst, es würde vielleicht helfen, wenn wir uns alle dem Thema Vertrauen widmen - zeichnerisch, musikalisch, als Kunstwerke, im Gebet usw., und diese dann sichtbar oder unsichtbar der Welt schenken. Und nach einer Weile nehmen wir uns alle ein nächstes Thema vor.
Jedenfalls würden wir damit positive Kräfte stärken - und das würde ich eigentlich lieber tun.

 

Claudia Meier schreibt:

Die Idee ist mir beim lesen der «Strategie der friedlichen Umwälzung» gekommen.

1. Privat-Geld: Wenn Geld nur noch ein Symbol dafür ist, sich das Leben zu leisten, sollte es nur noch eine Währung für alle geben.
2. Staats-Geld: Ein Zahlungsmittel, das nur unter Staaten verwendet wird.
3. Welt-Geld: Geld, das nur für private Geschäfte verwendet wird.

Staats- und Welt-Geld gehören allen und niemandem. Kann in Privat-Geld getauscht werden.
 

Wir danken unseren Leserinnen und Lesern für ihre Beiträge und freuen uns auf weitere. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder redaktionell zu überarbeiten und hoffen auf Ihr Verständnis.


MEHR DAZU

Die Strategie der friedlichen Umwälzung, von Christoph Pfluger, erschienen in der Edition Zeitpunkt

03. Dezember 2019
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