Freie Menschen – ohne Schule

«Gleichaltrige mit Blick in eine Richtung während Stunden im Schulraum zu halten, ist nicht menschen- und gehirngerechtes Lernen.» Ausgehend von dieser Überzeugung praktizieren Urs und Maja Greder mit ihren beiden acht- und zehnjährigen Söhnen «freies Lernen», bei dem in die Gebiete eingetaucht wird, die den momentanen Interessen am meisten entgegenkommen. Weil kein Widerstand und Zwang überwunden werden muss, ist der Lerneffekt viel grösser. Im Gegensatz zu den meisten Home-Schoolern führen die freiberuflichen Greders kein strukturiertes Schulprogramm, sondern haben eine Lernumgebung eingerichtet, mit Laptop, Kopiergerät und einer umfangreichen Bibliothek. Da verarbeiten die beiden Jungs die Themen, die sie beschäftigen oder die sie auf Exkursionen mit ihren Eltern kennengelernt haben. Unterricht im eigentlichen Sinn gibt es nicht. Seit die Greders ihre Kinder aus der Schule genommen haben, ist das Leben für sie anspruchsvoller geworden. Die ganze Zeit- und Lebensplanung erfolgt immer mit den Kindern. Die sind ergänzend mit Vielem anderen beschäftigt als mit Lernen: sie klettern auf Bäume, spielen mit den Nachbarn, lesen oder machen ganz einfach nichts. Für passiven Fernsehkonsum oder Ballerspiele bleibt da echt zuwenig Zeit.

Vor Bildungsdefiziten ihrer Kinder haben die Eltern keine Angst. Maja Greder: «Die Wissensfülle auf der Welt ist so gross, dass die Behauptung der Schule, zu wissen, worauf es für ein Überleben am Ende der Schulzeit ankommt, geradezu anmassend ist.» Der primäre Zweck der Schule sei es ohnehin, Menschen auf einen Wirtschaftsprozess vorzubereiten. Und weil die industrialisierte Arbeit keinen Spass mache, dürfe auch das Lernen keine Freude bereiten. «Echtes Lernen ist das Gegenteil: Mit Entdeckungsfreude in ein Thema eintauchen, Zusammenhänge verstehen und konkrete Fertigkeiten erwerben. Lernen kann soviel Spass machen und so lustig sein, dass wir immer wieder erstaunt sind, wieviel die Kinder aufgenommen haben.»

Dass dies ein sehr befriedigender (und erfolgreicher) Weg ins Leben sein kann, zeigen viele Beispiel, zuletzt von André Stern mit seinem Bestseller «Ich war nie in der Schule – und das ist gut so» (Zabert-Sandmann-Verlag, 2008). Stern, heute 38, ist Gitarrenbauer, Musiker, Komponist und erfolgreicher Journalist. Sein Buch ist ein bewegendes Zeugnis für die wunderbare Kraft der Freiheit und ihrer Unterstützung durch die Eltern.


Links:
www.erdschule.ch (Website von Urs und Maya Greder)
www.entschulung.ch (Website des blinden Homeschooling-Pioniers Martin Näf)
www.continuum-concept.de

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23. April 2009
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