Kinderbücher: Natur im Rückzug, Stadt im Vormarsch

Städte und Strassen statt Wildnis und ungezähmter Tiere, Gebäude und Gärten statt Wald und Wiesen. Forscher der University of Nebraska-Lincoln haben in einer Studie festgestellt, dass die Natur immer mehr aus Bilderbüchern verschwindet. Sie sehen den Grund dieser Entwicklung in der zunehmenden Trennung von Mensch und Natur.

Studienleiter Allen Williams analysierte mit seinem Team 300 US-amerikanische Kinderbücher der Jahre 1938 bis 2008, die für ihre Illustrationen mit der «Caldecott-Medaille», einer Würdigung der American Library Association, ausgezeichnet wurden. Die Untersuchung von 8100 Bildern hat folgendes Resultat ergeben: insgesamt 58% der Illustrationen zeigen Gebäude, Naturbilder machen 46% aus. Während bebaute und natürliche Umgebungen bis in die 60er Jahre etwa gleich oft dargestellt werden, wird der Rückzug der Natur ab Mitte der 70er Jahre besonders deutlich — die Kinder kriegen immer mehr Städte und Innenräume zu sehen. Mit der schwindenden Menge an Natur- und Tierbildern, verliert auch die Interaktion zwischen Mensch, Tier und Natur an Wichtigkeit in Kinderbüchern.

Während den 70 Jahren, die den Zeitrahmen der Studie ausmachen, hat der Anteil an Stadtbewohnern deutlich zugenommen, weswegen die Ergebnisse nicht unbedingt überraschen. Die Verstädterung der Bilder und Geschichten erschwert es allerdings den Kleinen, die Natur wertschätzen zu lernen und den Menschen als Teil von ihr zu sehen. «Der Mangel an Kontakt zur Natur kann dazu führen, dass wir uns weniger über die natürliche Umgebung Sorgen machen. Wir zeigen immer weniger Mitleid dafür, was anderen Lebewesen zustösst, und unser Verständnis wichtiger Umweltprobleme sinkt», befürchtet Williams.

University of Nebraska-Lincoln Newsblog:
http://newsroom.unl.edu/blog/?p=966

Originalstudie (engl.):
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1475-682X.2011.00399.x/full
10. März 2012
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