Informationsflut: der Mensch braucht eine Firewall

Jede Information könnte überlebenswichtig sein, das lehrt uns die Evolution. Das hat in einer mit nebensächlichen Informationen überfüllten Welt gravierende Konsequenzen. Facebook, Twitter und SMS halten uns dauernd auf Trab. «Moderne Menschen sind geistig immer online und unterschätzen, wie viel Stress die stete Aufmerksamkeit und Bereitschaft zur Kommunikation bedeutet», erklärt Götz Mundle, ein auf Sucht spezialisierter Psychotherapeut gegenüber «Psychologie Heute». Wir können nicht alles gleichzeitig tun. Gemäss Ernst Pöppel, Professor für Medizinische Psychologie in München, ist Multitasking eine Illusion. Statt alle Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen, hüpfe das Gehirn zwischen den Aufgaben hin und her, Kreativität gehe verloren. «Dass es hierbei Begleitschäden geben wird, ist für mich unbestritten. Mängel des Konzentrationsvermögens sind durchaus möglich.» Pöppel schliesst allerdings auch eine evolutionäre Anpassung an die Datenflut nicht ganz aus.

Doch zwanzig Jahre Internet und drei Jahre iPhone sind der Evolution eindeutig zu kurz – bis zur allfälligen Wandlung hilft nur eines: Computer und Handy aus-, um mental abschalten zu können. Mundle: «Wer online sein möchte, muss auch aktiv offline gehen.» Das ist nicht ganz einfach, schliesslich müssen wir dazu die angeborene Neugierde überwinden. Zudem verspricht die virtuelle Welt eine (trügerische) Bequemlichkeit und Gemeinschaft. In digitalen Netzwerken kann man seine Identität beinahe beliebig wählen und es ist einfach, Problemen aus dem Weg zu gehen. Eine Flucht ist verlockend. Hinter jedem Link versteckt sich die vermeintliche Erlösung, oder zumindest ein kleines Informations-Häppchen, das zu einem weiteren führt, das ein anderes bereithält, das... Wer im virtuellen Leben nichts verpassen will, verpasst das Leben in der Wirklichkeit.

Schalten Sie Ihren Computer aus, sofort!:-)
02. Mai 2010
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