Dabei wird jeder, der das Glück hat, Joachim Walter persönlich zu kennen, merken, dass seine Wahl auf ausgerechnet dieses Volkslied der turbulenten Rezeptionsgeschichte dieser Melodie aus dem 17. Jahrhunderts eine unverblümte und aktuelle Sicht hinzufügt.
Da wird nicht nur ein tapferes Herz besungen, sondern auch die Unverzagtheit, die blanke Wehr, die Rechtschaffenheit, Gut und Ehre. All diese Wörter lassen sich selbstverständlich mit der entsprechenden Brille als altmodisch, militärisch, links, rechts oder religiös lesen.
Wenn ich sie als Joachim Walters Lieblingslied lese, finde ich sie im Sinne Goethes wieder: edel, angstfrei, souverän, eigenständig.
In der zweiten Strophe geht es um 40 Jahre Berufs-Alltag in der JVA: das «arge Spiel» um Geld und Betrügereien, Gewalt und List – und um alte Geigen. Davon hat er auch eine, er kann sie sogar spielen!
In dem im Juli 2025 erschienenen Buch erzählt er in 24 Episoden aus seinem Berufsleben im deutschen Strafvollzug. Beobachtungen von Menschen, die sich eben aus der Optik eines Gefängnisdirektors so ergeben, die sich aber alle durch die Geistesgegenwart und Beobachtungsgabe des Autors zu mal inspirierenden, mal tragischen, mal kuriosen oder berührenden Erzählungen entwickeln.
Sie führen ihn nach einem langen Leben im Staatsdienst dazu, Gefängnisse als eigentlich altertümliche Einrichtungen in Frage zu stellen und davon zu träumen diese totalen Einrichtungen langsam aber sicher vollständig abzuschaffen.
Wer einem mutigen und unabhängigen Geist durch sein spannendes Berufsleben folgen möchte, dem sei dieses Buch herzlich empfohlen!.
Wer jetzig Zeiten leben will,
Muß hab’n ein tapfers Herze,
Es sein der argen Feind so viel,
Bereiten ihm groß Schmerze.
Da heißt es stehn ganz unverzagt
In seiner blanken Wehre,
Daß sich der Feind nicht an uns wagt,
Es geht um Gut und Ehre.
Geld nur regiert die ganze Welt,
Dazu verhilft Betrügen;Wer sich sonst noch so redlich hält,
Muß doch bald unterliegen,
Rechtschaffen hin, rechtschaffen her,
Das sind nur alte Geigen:
Betrug, Gewalt und List vielmehr,
Klag du, man wird dir’s zeigen.
Doch wie’s auch kommt, das arge Spiel,
Behalt ein tapfers Herze,
Und sind der Feind auch noch so viel,
Verzage nicht im Schmerze.
Steh gottgetreulich, unverzagt,
In deiner blanken Wehre:
Wenn sich der Feind auch an uns wagt,
Es geht um Gut und Ehre!
Menschen hinter Gittern: Wie leben sie? Wie sieht ihr Alltag aus? Und was genau geschieht im Gefängnis «im Namen des Volkes»? Wollen wir überhaupt wissen, was aus den Menschen wird, nachdem sie als Straftäter verurteilt und weggesperrt worden sind? Und was ist mit den Frauen und Männern, die als Personal in den Anstalten Dienst tun – oft ebenfalls lebenslänglich?
Joachim Walter war u.a. stellvertretender Leiter der Strafvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim und Leiter des Jugendstrafvollzugs in Pforzheim und Adelsheim. Aus seiner jahrzehntelangen Berufserfahrung erzählt er lebendige, aber immer wahre Geschichten über die Menschen im Gefängnis – Gefangene wie Bedienstete – und überlässt es den Leserinnen und Lesern, sich selbst ein Urteil über Sinn und Unsinn des Strafvollzugs zu bilden. Mit Zahlen und Fakten zum deutschen Strafvollzugssystem, die wir alle kennen sollten.
Joachim Walter : Die Freiheit nehm´ich dir.
Sinn und Unsinn des Strafvollzugs
Westend Verlag, Neu-Isenburg 2025, 22, 00 €