Die Lage ist nie völlig verfahren. Frieden ist immer möglich.
Wenn sich die Feindschaft vertieft und zur Gewohnheit wird, wenn jede Erinnerung an Liebe verblasst ist, dann erfordert Frieden immer mehr ein Wunder.
Meinen letzten Essay (über den unvermeidlichen Zusammenstoss – darüber, dass ich es aufgebe, die Fahrer ums Bremsen und Umlenken zu bitten) habe ich als Warnung gedacht, die als Vorhersage getarnt ist. Es ist eigentlich nicht unvermeidlich. Es ist nur so, dass wir jetzt an einem Punkt sind, wo Bitten nicht mehr ausreichen. Wir brauchen Wunder, Wunder an Vergebung und Verständnis und Aussöhnung, und das Loslassen dessen, was wir zu wissen geglaubt haben.
Ich werde keine Argumente dafür liefern. Ein Thema in meinem letzten Essay war, dass ich genug davon habe, Argumente zu liefern. Ich habe weiss Gott zehn Jahre lang mit aller Kraft versucht, Argumente für Frieden zu liefern. Dies waren meine Bitten, das Steuer herumzureissen: This is How War Begins, Building a Peace Narrative, Making the Universe Great Again, The Field of Peace, Ein Freund lässt nicht zu, dass du dich selbst kaputtmachst, und viele weitere. Aber jetzt stehen wir an einem Punkt, wo diejenigen, die nach Frieden schreien, von jeder Seite als Handlanger der Gegenseite gebrandmarkt werden.
Das ist auch der Punkt, an dem Wunder gebraucht werden. Was ist ein Wunder? Es ist ein Geschehnis, das aus dem Blickwinkel einer bestehenden Geschichte undenkbar ist, aber möglich aus dem einer neuen. Somit scheint es nicht nur undenkbar; indem es dennoch geschieht, lädt es uns ein, nachzuschauen, was wir sonst noch gedacht haben, das vielleicht gar nicht wahr ist. Das ist der Zustand der Unwissenheit, das Loslassen alter Glaubenssätze und dessen, was wir zu wissen geglaubt haben – das bereitet erstmal den Boden für das Wunderbare.
Weiss ich, wie man Wunder hervorruft? Auf keinen Fall. Aber wir alle wissen, wie man um sie bittet und wie wir uns darauf vorbereiten können, sie zu erkennen und anzunehmen. Das muss ich nicht erklären. Du weisst schon, wie es geht. Du weisst, wovon ich rede.
Hier kommt eines, das ich erkannt und angenommen habe: Ausserhalb politisierter Diskussionen werden die Menschen freundlicher, netter und einfühlsamer. Hast du es bemerkt? Ich war vor Kurzem auf Reisen. Leute an Hoteltheken, in Flughafenläden, Sicherheitskontrollen und Restaurants werden freundlicher. Sie sind hilfsbereit und empfänglich für Humor. Ich spüre, wie sich das beschleunigt. Es ist ein Wunder. Es geschieht! Erkennst du es? Nimmst du es an?
Das ähnelt einem Friedensangebot. Einem Angebot von Vertrauen. Es braucht zwei, Gebendes und Nehmendes, und dann wird das Nehmende wiederum zum Gebenden, und beide treten tiefer ins Vertrauen ein. Das ist unsere Beziehung zum Geber der Wunder. Wir bekommen sie nach dem Mass unserer Vertrauensbereitschaft.
Ich bin versucht «Argumente zu liefern», dass das, was ich sehe, wirklich ist, und dass es eine weltweite Bedeutung hat, dass irgendein Kausalprinzip es in politische und ökologische Heilung übertragen wird. Ich hab ein paar schlechte Angewohnheiten. Sogar in diesem Augenblick bin ich schon beinah dabei, Argumente dafür zu liefern, keine Argumente mehr zu liefern. Ich glaube, manchmal erkläre ich Sachen weniger, um die Lesenden zu überzeugen, als um mich selbst zu überzeugen. Damit werde ich eine Weile aufhören. Ich hab mir ein Elektroschock-Halsband gekauft und dann Künstliche Intelligenz so trainiert, dass es mir jedes Mal einen schmerzhaften, elektrischen Schlag versetzt, wenn ich wieder damit anfange, Argumente für irgendwas zu liefern. Beim Schreiben dieses Artikels ist das schon zweimal passiert.
Ich werde also keine Argumente dafür liefern, dass es einen Weg durch unseren gegenwärtigen Engpass gibt. Ich werde keine Argument liefern, dass Frieden dennoch möglich ist. Ich werde nur betonen, dass du weisst, was es ist. Der Geist zweifelt vielleicht, aber das Herz weiss, dass es möglich ist und dass keine unserer Anstrengungen vergeblich war.
Übersetzt und korrekturgelesen von Ingrid Suprayan und Bobby Langer. Die englische Originalfassung dieses Blogbeitrages vom 15. April 2025 – “It Takes Two” – findest du hier.