Deutscher Vorschlag: „Den Krieg durch einen Verhandlungsfrieden beenden“

Vier deutsche Experten haben einen ausführlichen Vorschlag veröffentlicht, den Krieg in der Ukraine zu beenden, bevor er außer Kontrolle gerät.

(Foto: Javardh/unsplash.com)

Ihre am 28.8. veröffentlichte Analyse nimmt Bezug auf den chinesischen Friedensvorschlag vom 24. Februar, der einen „vernünftigen Ansatz“ für Verhandlungen biete, erweitert dies aber zu dem bisher wohl gründlichsten Plan.

Die vier Experten sind: Prof. Dr. Peter Brandt, Historiker und Sohn des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt; Hajo Funke, Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin; General Harald Kujat, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr (2000-02) und ehemaliger Vorsitzender des NATO-Militärausschusses (2002-05); und Horst Teltschik, ehemaliger Spitzendiplomat und enger Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl und später Präsident der Münchner Sicherheitskonferenz.

In ihrem Schreiben erkennen sie das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung an, erinnern jedoch an die Verpflichtung der Ukraine und ihrer Verbündeten, „Vernunft walten zu lassen, sich der Steigerung von Gewalt und Zerstörung nicht hinzugeben und die Erlangung eines gerechten und dauerhaften Friedens politisch zu befördern“.

Weder Rußland noch die Ukraine könnten den Krieg gewinnen, daher seien jetzt dringend Friedensverhandlungen erforderlich. Sonst steige das Risiko, daß „die Eskalation bis zum ,Äußersten‘ steigt, einem militärischen Konflikt zwischen der NATO und Rußland, mit der realen Gefahr eines auf den europäischen Kontinent begrenzten Nuklearkrieges“.

Bisher gebe „es keinen Beleg dafür, daß das politische Ziel der ,militärischen Spezialoperation‘ die Eroberung und Besetzung der gesamten Ukraine ist und Rußland danach einen Angriff auf NATO-Staaten plant“, obwohl Angriffe weiter westlich nicht auszuschließen seien. Putin sei zu Verhandlungen bereit, „unter der Voraussetzung, daß Verhandlungen auch von der Gegenseite – also der amerikanischen, ukrainischen und westlichen Seite – gewollt werden“.

Die Experten erklären: „Der Krieg hätte verhindert werden können, hätte der Westen einen neutralen Status der Ukraine akzeptiert – wozu Selenkskyj anfangs durchaus bereit war – , auf eine Nato-Mitgliedschaft verzichtet und das Minsk II-Abkommen für Minderheitenrechte der russischsprachigen Bevölkerung durchgesetzt.“

Und: „Der Krieg hätte Anfang April 2022 beendet werden können, hätte der Westen den Abschluß der Istanbul-Verhandlungen zugelassen. Es liegt nun erneut und möglicherweise letztmalig in der Verantwortung des ,kollektiven Westens‘ und insbesondere der USA, den Kurs in Richtung Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zu setzen.“

Die Autoren machen einen sehr detaillierten Vorschlag, der drei Phasen umfaßt:

  1. Waffenstillstand
  2. Friedensverhandlungen
  3.  eine europäische Sicherheits- und Friedensordnung.

In der ersten Phase geht es um die Einstellung der Feindseligkeiten und die Einsetzung einer von der UNO geleiteten Kommission, die den Prozeß überwachen soll.

Die zweite, die Verhandlungen betrifft, ist detaillierter, u.a. mit Truppenrückzug beider Seiten und Ausarbeiten von Sicherheitsvereinbarungen für die Ukraine sowie Ansätze zur Lösung des Status der neuen Donbaß-Republiken und der Krim – jedoch nur im Verzicht auf militärische Gewalt.

Zur letzten Phase heißt es: „Langfristig kann nur eine europäische Sicherheits- und Friedensordnung die Sicherheit und Freiheit der Ukraine gewährleisten, in der die Ukraine und Rußland ihren Platz haben.“ Und die geostrategische Lage der Ukraine dürfe keine Schlüsselrolle mehr für die geopolitische Rivalität zwischen den USA und Rußland spielen.

__________
Der Text stammt mit Zustimmung des Verlags aus dem (kostenpflichtigen) Newsletter des Schiller-Instituts.

27. September 2023
von: