Es geht auch ohne – nur besser

Immer mehr Grundnahrungsmittel kommen in Verruf – eine Herausforderung für alle, die gleichzeitig geniessen und gesund bleiben wollen. Der Brite Hugh Fearnley-Whittingstall hat die Herausforderung angenommen und ein wirklich anregendes Buch mit einfachen und leckeren Rezepten ohne Weizen und Milchprodukte herausgegeben.

Wirklich leckeres Essen zuzubereiten muss weder zeitaufwendig noch kompliziert sein, sagt der britische Journalist, Gastronom und Fernsehkoch Hugh Fearnley-Whittingstall. In seinem neusten Buch «light & easy» überzeugt er uns, kochtechnisch «einen Gang höher zu schalten». Der Querdenker, der 1998 das Vereinigte Königreich erschütterte, als er in seiner TV-Show die Plazenta einer Bekannten zubereitete und zusammen mit Gästen vor laufender Kamera verzehrte, bietet darin eine Sammlung von Rezepten, die alle «gesund, ausgewogen, problemlos nachzukochen und dabei immer und ohne Ausnahme lecker sind».


Wie in seinem letzten Beststeller, «Täglich vegetarisch», hinterfragt Fearnley die in seinen Augen verdächtige Allgegenwart einiger vertrauter Zutaten. Diesmal sind es Milch und Weizen, die heute in fast jedem Essen enthalten sind! Weizen steckt in Brot, Kleingebäck, Kuchen und Pasta, von denen wir uns an unseren hektischen Arbeitstagen ernähren. Milch und ihre Derivate Butter, Käse und Joghurt sind ebenfalls unverzichtbar als schnelle Magenfüller, in Sandwiches und Getränken, die wir Tag für Tag zu uns nehmen.


Haben sie diese Popularität verdient? Sicher nicht, lautet das Verdikt von Fearnley-Whittingstall. Sein Buch zeigt uns die Alternativen – mit zahlreichen witzig-undogmatischen Rezepten für anmächelige, aber gesunde und leckere Speisen. Hier ein Amuse-Bouche!  


Frühstück
Wie kommt es, dass so viele von uns Tag für Tag dasselbe langweilige Frühstück verzehren – Toast, Getreideflocken, Toast, Getreideflocken, Weizen, Weizen, Weizen, Weizen ...? Wir kämen nie auf die Idee, jeden Tag das Gleiche zu Abend zu essen oder immer denselben Salat. Also peppen wir das Frühstück etwas auf!
Ich nehme es nicht so genau mit Regeln in der Küche, aber wenn ich eine für das Frühstück formulieren sollte, würde sie lauten: Selber machen! Weg mit allem Abgepackten, allen Fertigmischungen – das sind leere Kalorien mit viel Zucker und Salzzusatz. Mischen Sie lieber einfache Zutaten mit den eigenen Händen, dann starten Sie zufrieden und gesund in den Tag. Es geht also darum, leckere, nahrhafte Frühstücksgerichte zu finden, die schnell fertig sind – gute Dinge, die Sie nur zusammenzuklauben brauchen, wenn Sie frühmorgens schlaftrunken durch die Küche stolpern.
Das ist glücklicherweise nicht schwer.


Suppen
Für mich geht es bei Suppen ganz einfach um wohlige Zufriedenheit. Sie liefern schnell Energie, Nährstoffe und Geschmack. Eine wirklich gute Suppe ist immer ausgewogen – in Aroma und Struktur, zwischen Süsse und Säure, bei Bedarf auch mit einem Hauch Cremigkeit und Luxus.
Ich verwende immer wieder bestimmte Techniken, um die Suppe anzureichern, ohne Butterstückchen oder esslöffelweise Sahne zu benötigen. Bei Verzicht auf Milchprodukte sorgt ein Spritzer Öl für die seidige Konsistenz und Nusscreme oder Kokosmilch für den Gehalt. Aber meist entstehen diese angenehmen Eigenschaften durch eine  Art Alchemie, bei der das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Leicht karamelisiertes geschmortes Wurzelgemüse, knusprig-herzhaft angebratene Zwiebeln, Fenchel oder Stangensellerie, die leicht verkohlte Haut von Tomaten oder Auberginen bringen der Suppe neue, intensivere Aromen – Aromen, die sich beim einfachen Kochen und Pürieren nicht entwickeln. Das geschmorte Gemüse kommt in den Mixer, heisse Brühe oder Wasser dazu, alles pürieren – fertig! Schon eine kleine Portion davon erweist sich als wohliger Magenfüller.


Salat
Alle wissen, dass Salat gesund ist – aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Für mich bedeutet Salat ein spannendes kulinarisches Konzept, mit dem man nach Herzens-(und Gaumen-)Lust experimentieren kann. Meine Salate sind eine Ansammlung gut zusammenpassender schmackhafter Zutaten. Meist ist etwas Rohes, Knackiges dabei – frische Blätter, kleingeschnittene Stengel oder geriebene Wurzeln –, das die von einem Salat geforderte Würze und den Biss liefert. Erwarten Sie bei diesen Rezepten trotzdem das Unerwartete. Ich habe meinen Vorratsschrank und den Garten nach Zutaten durchkämmt, die nicht allzuoft in der Salatschüssel auftauchen: überraschende Gewürze, saftiges Obst (frisch oder getrocknet), alle möglichen Wurzeln und Sprossen, Kräuter und Blätter, Nüsse und Samen.


Ich mag Salate mit Substanz. Das können Nüsse, Hülsenfrüchte, Getreide, sogar Fleisch oder Fisch sein. Sparsam eingesetzt, geben sie Salaten das gewisse Etwas, grosszügig kombiniert verwandeln sie eine schlichte Beilage in freche Vorspeisen oder aufregende Hauptgerichte.
Dressings, ein entscheidendes verbindendes Element in jedem Salat, lassen sich problemlos meistern: Beginnen Sie mit einem Schluck hochwertigem Öl und einem viel kleineren Schluck Zitronensaft oder gutem Essig. Dazu kommen Salz und Pfeffer, und fertig ist ein einfaches Dressing. Geben Sie noch etwas Öl hinzu, wenn es zu scharf ist, mehr Zitrone, wenn es zu ölig ist, mehr Gewürz, wenn es fad schmeckt. Natürlich können Sie Gewürze aller Art verwenden: Senf, Honig, Tamari, Kräuter, Zitrusschale, ein Stückchen Chili, verschiedene Öle und Essige … sie alle können helfen, die Zutaten harmonisch miteinander zu verbinden.


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Hugh Fearnley-Whittingstall: light&easy – Gesunde Rezepte ohne Weizen und Milchprodukte. AT-Verlag, 2015. 412 S. Geb. Fr. 32.90
Das Buch ist eine erfrischende Anregung auch für Menschen, die sonst nicht gerne nach Kochbuch arbeiten. Unkonventionelle Fotos, gute Schreibe und Rezepte, die wirklich Lust machen.