Indigene schützen Wald und Klima am besten

Regenwald-Schutzprogramm RIA soll riesige Mengen CO2 einsparen.

Am diesjährigen Internationalen Tag der indigenen Bevölkerung der Welt haben indigene Führungspersönlichkeiten aus dem Regenwald Amazoniens für einen Vorschlag geworben, der 96 Gigatonnen CO2 binden könnte - eine Summe, die den weltweiten Emissionen von 2010, 2011 und 2012 entspricht.


Das als "Indigenes REDD+" oder RIA bekannte Programm ist ein Beitrag zum Klimaschutz, der auf einer nachhaltigen Bewirtschaftung indigener Regenwaldgebiete im Amazonasbecken beruht. Die Gebiete umfassen 2,4 Millionen Quadratkilometer Regenwald, ein Gebiet fast achtmal so groß wie Italien. Nur wenig mehr als 100 Tage vor den UN-Klimaverhandlungen in Paris bietet die RIA-Initiative einige der so dringend benötigten Antworten.


Während der Klimaschutzbeitrag der Initiative an sich schon beeindruckend ist, reicht er über die Vorteile der Reduzierung globaler Emissionen weit hinaus: "RIA verhindert nicht nur den Ausstoß von Treibhausgasen, sondern bringt auch weitreichende positive soziale Effekte durch den Schutz und die rechtliche Anerkennung indigener Territorien mit sich, während die ganze Bandbreite von Ökosystemleistungen, die die Wälder bieten, geschützt wird", betont Thomas Brose, Geschäftsführer des Klima-Bündnisses.


Die Idee ist einfach: die rechtliche Anerkennung indigener Territorien gewährleisten und die Bewohner dieser Gebiete bei dem unterstützen, was sie schon immer getan haben - den Wald, ihr Zuhause, zu schützen. Dieser einfache Plan hilft sowohl indigene Existenzgrundlagen als auch komplexe Wald-Ökosysteme zu bewahren, die die Regulierung von Wetter, Nährstoff-, Boden-, und Wasserkreisläufen bieten.


Da der Plan auf der rechtlichen Anerkennung von indigenen Territorien basiert, ist er außerdem extrem kosteneffizient und bedarf wenig neuer Infrastruktur. "Wir haben seit Jahrtausenden nachhaltige Waldwirtschaft betrieben - helft uns, dies weiterhin zu tun und dabei die Erde zu retten", sagt Jorge Furagaro von COICA, dem Dachverband der indigenen Organisationen des Amazonasbeckens.


Von den 2,4 Millionen Quadratkilometer indigener Territorien im Regenwald Amazoniens müssen noch etwa eine Millionen Quadratkilometer offiziell anerkannt werden. Geschätzte 20 Prozent davon drohen aufgrund von äußerem Druck wie Erdölförderung, Infrastrukturprojekten und großflächiger agroindustrieller Nutzung verloren zu gehen.


Diese Gebiete sind nicht nur die Heimat ganzer Bevölkerungsgruppen, sie sind auch von überproportionaler Bedeutung im Kampf gegen den Klimawandel: Die aktuelle Studie "Kohlenstoff im Regenwald Amazoniens" [1] weist auf die Tatsache hin, dass sich über die Hälfte des in dem Neun-Länder-Gebiet des Amazonasbeckens gespeicherten Kohlendioxids in indigenen und geschützten Gebieten befindet. Das ist mehr als die Summe dessen, was in den Wäldern der DR Kongo und Indonesiens gespeichert ist.


Der ursprünglich von der COICA propagierte Vorschlag erhält als sozialverträgliche Alternative zu den UN-REDD-Programmen zunehmend Unterstützung. Sieben Pilotprojekte in verschiedenen südamerikanischen Ländern werden zurzeit eingeführt.


Ein Beispiel ist ein Projekt in der Reserva Amarakaeri [2] in Peru, bei dem die Außengrenzen der Schutzgebiets mit der finanziellen Unterstützung [3] der Hansestadt Rostock, Mitglied des Klima-Bündnisses, vor Bergbau- und Holzeinschlag-Aktivitäten geschützt werden.


Kritisiert [4] wird dagegen das UN-REDD-Programm, das auf dem Gedanken des Handels mit CO2-Zertifikaten basiert, und zwar sowohl wegen seines auf Emissionen beschränkten Ansatzes als auch wegen seiner Unfähigkeit, der Entwaldung aufgrund von Infrastrukturprojekten, großflächiger industrieller Landwirtschaft und Bergbau zu begegnen.


Kein ernst gemeinter weltweiter Klimaschutzplan kann es sich leisten, die immensen Mengen an Kohlendioxid, die in den indigenen Gebieten Amazoniens gespeichert sind, zu ignorieren. In diesem Jahr, dem Europäischen Jahr der Entwicklung [5], werden die neuen Nachhaltigkeitsziele beschlossen und es wächst die Einsicht, Vorschläge aufzunehmen, die indigene Völker als bestmögliche Hüter ihrer eigenen Territorien bei den UN-Klimaverhandlungen im Dezember in Paris anerkennen.


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Weitere Informationen und Bilder:

[1] Link zur Studie «Forest carbon in Amazonia: the unrecognized contribution of indigenous territories and protected natural areas» (Walker et al., 2014; auf Englisch)
http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/17583004.2014.990680


[2] Fotos von der Reserva Amarakaeri
http://www.flickr.com/photos/131631882@N05/sets/72157656826753215


[3] Informationen über die Unterstützung durch die Stadt Rostock für das Schutzgebiet Amarakaeri in Peru
http://www.indigene.de/50.html?&L=1#c550

[4] Link zur Studie "REDD: A Collection of Conflicts, Contradictions and Lies", Langfassung (World Rainforest Movement, 2015; auf Englisch)
http://wrm.org.uy/books-and-briefings/redd-a-collection-of-conflicts


[5] Website der Kampagne "Ein gutes Leben ist einfach" im Rahmen des Europäischen Jahres für Entwicklung 2015
http://www.overdeveloped.eu/


Das Klimabündnis: Seit mehr als 25 Jahren arbeiten Mitgliedskommunen des Klima-Bündnisses partnerschaftlich mit indigenen Völkern der Regenwälder gemeinsam für das Weltklima. Mit über 1.700 Mitgliedskommunen aus 25 europäischen Ländern ist das Klima-Bündnis das weltweite größte Städtenetzwerk, das sich dem Klimaschutz widmet und es ist das einzige, das konkrete Ziele setzt: Jede Mitgliedskommune im Klima-Bündnis hat sich verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen alle fünf Jahre um 10 Prozent zu reduzieren. In Anerkennung des Einflusses unserer Lebensstile auf besonders bedrohte Völker und Orte dieser Welt verbindet das Klima-Bündnis lokales Handeln mit globaler Verantwortung.www.klimabuendnis.org