Ohnmächtige Appelle oder Selbstermächtigung zu Frieden?

Viele Jahre bin ich nicht mehr zu Ostermärschen gegangen, weil mir die Appelle an die Mächtigen, doch endlich Frieden zu machen, mehr Energie geraubt haben, als mich in meinem Friedenswillen zu stärken.

Friedensmarsch 2024 in Freiburg - Screenshot Tagesschau

Ich bin Mitglied der IPPNW (Ärzte für die Verhinderung des Atomkrieges. Ärzte in Sozialer Verantwortung) und habe mich gefreut, dass ein Vertreter der IPPNW am Atombunker in Freiburg eine Rede gehalten hat.

Ich habe deutlich gespürt, wie sich Lustlosigkeit und Lähmung in mir breit machten, wenn der Kollege an Scholz und Bärbock appellierte, sie mögen sich doch bitte endlich für Frieden einsetzen. Ich habe gespürt: damit geben wir den Mächtigen Macht und machen uns selbst ohnmächtig.

Ich habe mich deutlich gefreut und gespürt, wie meine Energien anspringen, wenn der Kollege Mut machte, selber den Frieden in die Hand zu nehmen und selber konkret für das einzustehen, was uns zusammengeführt hat.

Vielleicht ein ermutigendes Beispiel aus Palästina: 

Ich habe mich entschieden, laut und deutlich für Freiheit und Leben zu sprechen und euch nicht zu beleidigen. Ich habe mich für die Liebe als Motivation entschieden. Diese Liebe ist keine romantische Lebe, die mich dazu bringt, mich dir zu unterwerfen und dir «alles zu geben». Diese Liebe ist nicht die Liebe, die dein Handeln rechtfertigt und entschuldigt. Diese Liebe ist meine Quelle der Kraft, denn sie besiegt meine Angst. 
(Sami Awad aus Bethlehem, Palästina, als Antwort auf den Völkermord in Gaza - der vollständige Text ist hier.)

 

«Ich verstehe dich nicht.»

Bei der Kundgebung zum Ostermarsch in Freiburg am 28.3.24 machte Martin Auffahrt einen bemerkenswerten Vorschlag. Man solle ausschwärmen und auf Menschen zugehen mit der Botschaft: Ich verstehe dich nicht. Als Botschaft: Ich bin bereit zuzuhören, meinen Horizont zu erweitern, eigene vorgefasste Vorstellungen zu hinterfragen und Frieden dadurch zu vermehren, dass ich den Unfrieden, der in mir selbst lebt, wahrnehme. Und anfange, eine Entscheidung zu treffen, in mir anzufangen bei der Vermehrung von Frieden.

Denn zum Frieden gehören beide Seiten in einem Konflikt. Immer. Das verstehe ich als Botschaft, aus der unbewussten Bereitschaft, in Feindbildern zu denken, auszusteigen und im Gegenüber den Mitmenschen zu sehen und wertzuschätzen und aus dieser Haltung zu handeln.

Das heisst nicht gutheissen oder aufgeben zu widerstehen, wenn Krieg und Gewalt vermehrt werden. Es heisst, eine Entscheidung zu treffen, aus dem Kreislauf von Angst, Krieg und Gewalt auszusteigen und den Frieden bewusst und entschieden zu vermehren. Friede ist genauso real wie Krieg. Es ist meine Entscheidung, wohin ich meine Energien richte. (Also welchen Wolf ich füttere).

Und dann ein langer Beitrag von Elke Hügel zur Abgrenzung von den Freien Friedensaktivisten Freiburg, die zur Beteiligung am Ostermarsch aufgerufen hatten, ohne die Veranstalter zu fragen. Für mich ein Rückfall in den Unfrieden. Als hätte es eben die obigen Beiträge nicht gegeben.

Wie wäre es denn gewesen, zu anwesenden Mitgliedern der Freien Friedensaktivisten hinzugehen und mit ehrlichem Herzen zu sagen: Ich verstehe dich nicht. Ich bin bereit zuzuhören und zu verstehen. Und den Anspruch, selber der bessere Mensch zu sein, einmal in Urlaub zu schicken. Und den Mitmenschen im Gegenüber wahrzunehmen?!? Und vielleicht sogar danke dafür zu sagen, zu dem Friedensmarsch aufgerufen zu haben?

Wie wäre der neue Weg: Statt Argumentieren für und wider Abgrenzung dankbar die Chance nutzen für einen Brückenbau, für eine neue Dialogkultur und einen Ausstieg aus dem Freund- / Feindschema? Das könnte der Friedensfähigkeit dienlich sein. Denn Friedensfähigkeit ist Liebesfähigkeit.

 

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Nie wieder ist jetzt: Wie wahr!