Weihnachten, das Fest der Liebe?

Nach der ersten wunderbaren Weihnachtsfeier in meiner Gemeinschaft «Kassel im Wandel», teile ich, in dieser heiligen Nacht, gerne etwas hier: «(K)eine Weihnachtsgeschichte» von Helmut Wüllenstein.

Kolonialwarenladen
Was wäre, wenn alles Ausländische «raus» wäre? Foto: Wikimedia

«Es war einmal», so beginnt das Märchen von denen, die auszogen, weil sie das Fürchten gelernt hatten. Es war einmal, etwa drei Tage vor Weihnachten, spät abends. Über den Marktplatz der kleinen Stadt kamen ein paar Männer gezogen. Sie blieben an der Kirche stehen und sprühten auf die Mauer: «Ausländer raus» und «Deutschland den Deutschen!» 

Steine flogen in das Fenster des türkischen Ladens gegenüber der Kirche. Dann zog die Horde ab. Die Gardinen an den Bürgerhausern waren schnell wieder zugefallen; niemand hatte etwas gesehen.

Los! Kommt! Es reicht! Wir gehen!

Wo denkst du hin? Was sollen wir denn da unten im Süden?

Da unten, das ist immerhin unsere Heimat. Hier wird es immer schlimmer! Wir tun was an der Wand steht: Ausländer raus.

Und tatsächlich: Mitten in der Nacht kam Bewegung in die kleine Stadt. Die Türen der Geschäfte sprangen auf. Zuerst kamen die Kakaopäckchen, die Schokoladen und Pralinen in ihren Weihnachtsverkleidungen. Sie wollten nach Ghana und Westafrika, denn dort waren sie zu Hause. Dann der Kaffee, palettenweise, der Deutschen Lieblingsgetränk, Uganda, Kenia und Lateinamerika waren seine Heimat. Ananas und Bananen räumten ihre Kisten, auch die Erdbeeren und Trauben aus Südafrika. Fast alle Weihnachtsleckereien brachen auf: Pfeffernüsse, Spekulatius und Zimtsterne. Die Gewürze in ihrem Inneren zog es nach Indien. 

Der Dresdner Christstollen zögerte; man sah dicke Tränen in seinen Rosinenaugen, als er zugab: «Mischungen wie mir geht es besonders an den Kragen.» Mit ihm kamen das Lübecker Marzipan und der Nürnberger Lebkuchen. Nicht die Qualität, nur die Herkunft zählte jetzt!

Es war schon in der Morgendämmerung, als die Schnittblumen nach Kolumbien und Kenia aufbrachen, die Pelzmäntel mit Gold und Edelsteinen in teuren kleinen Chartermaschinen in alle Welt starteten.

Der Verkehr brach an diesem Tag völlig zusammen. Lange Schlangen japanischer Autos, vollgestopft mit Optik und Unterhaltungsindustrie, krochen gen Osten. Am Himmel sah man Weihnachtsgänse nach Polen fliegen auf ihrer Bahn, gefolgt von den feinen Seidenhemden und Häppchen des fernen Asien...

Mit Krachen lösten sich die tropischen Hölzer aus den Fensterrahmen und schwirrten ins Amazonasbecken. Und: Man musste sich vorsehen, um nicht auszurutschen, denn von überall her quoll Öl und Benzin hervor, aus Rinnsalen wurden Bäche, die in Richtung Naher Osten flossen.

Aber man hatte Vorsorge getroffen. Stolz holten die grossen deutschen Autofirmen ihre Krisenpläne aus der Schublade: Der Holzvergaser war ganz neu aufgelegt worden, wozu ausländisches Öl?

Aber: die VWs und BMWs begannen sich aufzulösen in ihre Einzelteile. Das Aluminium wanderte nach Jamaika, das Kupfer nach Somalia, ein Drittel der Eisenteile nach Brasilien, der Naturkautschuk nach Zaire, und die Strassendecke hatte mit dem ausländischen Asphalt im Verbund auch schon ein besseres Bild abgegeben als heute. Nach drei Tagen war der Spuk vorbei, der Auszug geschafft, gerade noch rechtzeitig zum Weihnachtsfest. Nichts Ausländisches war mehr im Lande.

Tannenbäume gab es noch, Äpfel und Nüsse, und «Stille Nacht» durfte gesungen werden, wenn auch nur mit Exportgenehmigung, denn das Lied kam immerhin aus Österreich.

Nur eines wollte nicht ins Bild passen: Maria, Joseph und das Kind waren geblieben, drei Juden ausgerechnet!

«Wir bleiben», sagte Maria. «Wenn wir aus diesem Land gehen, wer wird ihnen noch den Weg zurück zeigen, zurück zur Vernunft und zur Menschlichkeit?»

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In der Stille der Weihnachtszeit liegt eine wunderbare Gelegenheit, innezuhalten und z. B. darüber nachzudenken, wie unser Land mit seinem Wohlstand und Überfluss aussehen würde, wenn wir nichts «Ausländisches» hätten?

Wäre es nicht an der Zeit, alle Menschen, egal welcher Hautfarbe, welcher Religion oder sonstiger Zugehörigkeit, einfach nur als ebenbürtige Menschen anzusehen, sie in unser Gebet für eine friedliche Welt mit einzuschliessen?! Anzuerkennen, welchen Vielfalt sie in unser Leben gebracht haben und dafür zu danken!

In der Stille des ersten Weihnachtsfeiertages liegt vielleicht auch die Gelegenheit für Sie, abends um 9 Uhr Ihre Friedensgedanken ins Feld der Liebe zu senden – vielleicht sogar gemeinsam mit Freunden und Verwandten – um die Energie der Liebe für die Welt zu verstärken.

Nur gemeinsam können wir die göttliche Liebe wieder in uns Menschen anzünden und weitergeben, um den Frieden auf Erden — den Jesus Christus vor zweitausend Jahren in die Welt bringen wollte! — endlich zu verwirklichen.

Ich wünsche uns allen weiterhin gute liebevolle besinnliche Weihnachts-/ Rauhnächte.
Eva-Maria

Eva-Maria Gent
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www.eva-maria-gent.de 

www.gesellschaft-in-balance.de 
www.charta-demokratiekonferenz.org 

Festtagsfrage

...das fragten wir unsere Leser und Leserinnen.

und wenn Sie eine Lieblings-Weihnachtsanekdote oder Adventsgeschichte haben, – sei sie selbst erlebt, selbst ausgedacht oder irgendwo einmal gehört - würden wir die sehr gerne auch lesen.

Schreiben Sie uns ein paar Zeilen – wir veröffentlichen (möglicherweise gekürzt) einige der Antworten hier auf unserem Zeitpunkt-Info-Portal der nächsten Wochen. Schreiben Sie bitte an: [email protected]

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