Umweltrisiken künstlicher Organismen nicht kontrollierbar

Testbiotech warnt vor Einsatz synthetischer Algen

Zur Herstellung neuer Kraftsstoffe, sogenannter «SynthiFuels» werden künstliche Organismen hergestellt, um eine höhere Energieausbeute zu erzielen. Der heute von Testbiotech veröffentlichte Bericht über die Synthetische Biologie setzt sich mit der Frage auseinander, welche wirtschaftlichen Interessen hinter der Entwicklung von SynthiFuels stehen und wie den Gefahren durch die Veränderung des Erbgut mit synthetischen Genen zu begegnen ist.

In Deutschland arbeitet die Firma Cynao Biofuels mit staatlichen Fördermitteln an der Veränderung des Stoffwechsels von Blaualgen (Cyanobakterien). Diese sollen bereits 2010 zum ersten Mal in Pilotanlagen getestet werden. Cyano Biolfuels gehört zur USFirma Algenol, die an der Pazifikküste Mexikos grosse Anlagen zur Produktion von Biokraftstoffen mit Algen errichten will. Testbiotech warnt davor, hierfür manipulierte Algen wie die aus Deutschland zu verwenden. Werden die Produktionsanlagen beispielsweise durch einen Hurrikan beschädigt, können die Algen kilometerweit aufs Meer verteilt werden. Experten halten eine Verbreitung der synthetischen Algen in der Umwelt für wahrscheinlich.

«Wir fordern die Bundesregierung auf, bei Cyano Biofuels darauf zu dringen, dass die synthetischen Organismen, die in Deutschland auch mit staatlichen Geldern entwickelt wurden, nicht in den geplanten Produktionsanlagen von Algenol zum Einsatz kommen. Gelangen diese Blaualgen in die Umwelt, kann dies schwerwiegende Folgen für die Ökosysteme haben. Der Fall zeigt auch, dass spezifische gesetzliche Regeln dringlich sind, um Freisetzungen von Organismen mit künstlichen Genen wirksam vorzubeugen», sagt Christoph Then, Geschäftsführer von Testbiotech.

Im Rahmen der Synthetischen Biologie werden Organismen mit künstlichen Stoffwechselwegen aufgerüstet, um die für verschiedene industrielle Anwendungen zu nutzen. Geraten derartige synthetisierte Lebensformen in die Umwelt, können sie kaum mehr kontrolliert oder zurückgeholt werden.

Die Entwicklung von Biokraftstoffen der neuen Generation, von SynthiFuels, wird oft mit Bemühungen gegen den Klimawandel begründet. Unter anderem aus Holz, Zellulose und Algen soll ein Ersatz für die herkömmlichen fossilen Treibstoffe gewonnen werden. Die Studie von Testbiotech zeigt, dass echte Problemlösungen von den SynthiFuels kaum zu erwarten sind. Es droht dagegen eine Verschärfung bereits bestehender Umweltprobleme: Bei steigender Nachfrage nach den Rohstoffen für die neue Biokraftstoff-Generation würden erhebliche Flächen für Getreide und Ölsaaten beansprucht sowie Wälder und Grasland ausgebeutet. Hier stehen die SynthiFuels in Konkurrenz zu anderen landwirtschaftlichen Nutzungsformen und Nahrungsmitteln. Zudem kann es zu einer Übernutzung wichtiger Ökosysteme kommen.

Offensichtlich ist, dass hinter SynthiFuels massive Geschäftsinteressen stehen: In Patentanträgen wird der neue Biotreibstoff und zum Teil sogar die Fahrzeuge, die damit betankt werden sollen, als Erfindung beansprucht. Die Entwicklung dieser neuen Kraftstoffe erfolgt oft in Kooperation mit Firmen wie Exxon, BP, Shell und Dow Chemical, die sich hier neue Märkte erhoffen. Auch von staatlicher Seite wird die Forschung massiv gefördert.

Testbiotech hat im Juni 2010 bereits einen ersten Bericht zur Synthetischen Biologie veröffentlicht [1]. Der Verein fordert gesetzliche Regelungen, die einen Eintrag künstlicher Lebensformen in die Ökosysteme verhindern sollen [2]. Zudem müssen die Labore, die Gene synthetisieren, überwacht werden, u.a., um einen Missbrauch der Technologie zur Herstellung neuer Krankheitserreger zu verhindern. Testbiotech spricht sich für ein Moratorium bei staatlichen Fördermassnahmen aus. Nötig ist zunächst eine breite gesellschaftliche Debatte zur Synthetischen Biologie.


Report
http://www.testbiotech.de/node/410

Aufruf
http://www.testbiotech.org/aufruf

Online-Unterschriften
http://www.testbiotech.org/unterschreiben


Quelle:
Testbiotech e. V.
Institut zur unabhängigen Folgenabschätzung in der Biotechnologie
Frohschammerstr. 14
80807 München
www.testbiotech.org
18. September 2010
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