Weniger Sonntagskinder, dafür mit Samstagseigenschaften

Kinder wurden vor 1950 bevorzugt am Sonntag geboren. Das sagt Alexander Lerchl, Professor für Biologie an der International University Bremen, der die Häufigkeit von Geburten untersucht hat. «Am Sonntag war es ruhig im Haus, da konnten die Frauen besser entspannen.» Heute kommen an Sonntagen 26 Prozent weniger Kinder zur Welt als am Freitag, dem häufigsten Geburts-Tag. Dies sagt die Auswertung von 700’000 Geburten, die Lerchl zwischen 1988 und 2003 in Nordrhein-Westfalen untersucht hat. Die Gründe für die Verschiebung sieht er nicht in der Biologie, sondern in der Tendenz der Ärzte und Hebammen, die Geburten auf Wochentage zu legen und künstlich einzuleiten. Die Risiken seien allerdings nicht zu unterschätzen. Bluthochdruck der Mutter und Sauerstoffmangel der Neugeborenen könnten die Nebenwirkungen sein. Kaiserschnitte – auch sie zunehmend – werden ohnehin an Werktagen durchgeführt.
Sonntagskinder sind ein Mythos – allerdings wurden ihre Eigenschaften unseres Wissens nie wissenschaftlich untersucht. Selbst der Mythos der Glückskinder ist unklar. Die ihnen zugesprochenen Fähigkeiten, u.a. Geister zu sehen, deckt sich mit denen der an einem Samstag geborenen «Sabbatanios» (griech.), die angeblich Wiedergänger unschädlich machen konnten. Sonntagskinder wären demnach Samstagskinder. – Es ist Zeit, dass wieder einmal kalendarische Klarheit geschaffen wird. 




Mehr über das Verschwinden des Sonntags im Schwerpunktheft «Am siebten Tag»
21. Februar 2014
von:

Über

Christoph Pfluger

Submitted by admin on Do, 07/13/2017 - 08:33

Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".

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