Ärzte werden allein gelassen

Schützt die FMH – die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte – ihre Mitglieder wirklich und ist sie in ihrer Informationspolitik transparent? Der Verein Ethik und Medizin Schweiz findet das nicht.

Arzt
Foto: Karolina Grabowska

Zum Selbstverständnis der FMH steht auf deren Webseite: «Dabei nimmt sie [die FMH] die Interessen ihrer Mitglieder wahr und macht sich für optimale Rahmenbedingungen in- und ausserhalb des Verbands stark.» 

Dieser Anspruch beisst sich allerdings mit der Realität: Der VEMS (Verein Ethik und Medizin Schweiz) erhält seit einiger Zeit und jüngst gehäuft Anfragen von Ärztinnen und Ärzten, die sich von ihrem Verband im Stich gelassen fühlen. Dabei geht es vor allem um die Wirtschaftlichkeitsverfahren. Dass diese mangelhaft sind und auch Praxen, die korrekt behandeln und abrechnen, in Vergleiche und Bussen drängen, weiss die FMH. Bisher war es aber so, dass die Gerichtbarkeit den Versicherern Recht gab, und so waren der FMH die Hände gebunden. 

Ende 2023 hat nun aber ein Bundesgerichtsurteil diese Gerichtbarkeit grundlegend verändert. Es akzeptiert die statistischen «Beweismittel» der Versicherer nicht mehr ohne die gemeinsam vereinbarte Einzelfallprüfung. Damit werden hunderte Urteile der Schiedsgerichte fragwürdig. Doch nicht die FMH, deren Aufgabe doch die Interessenswahrnehmung ihrer Mitglieder ist, sondern der VEMS übergab diese Information der Fachpresse. Für eine Einschätzung, so die FMH im Artikel, sei es noch zu früh. Der VEMS aber holte eine Beurteilung von Prof. Kieser ein. In seiner E- Mail an den VEMS streitet Urs Stoffel sämtliche Vorwürfe ab. Darauf antwortete der Verein mit einer Klarstellung. Denn: Nicht nur, dass die FMH ihre Mitglieder jahrelang wissentlich in unfaire Verfahren laufen liess. Im Herbst 2022 verhinderte die FMH überdies, dass sich von Fehlurteilen betroffene Praxen per Inserat zusammenschliessen konnten (siehe Artikel NZZ). 

VEMS: «Die FMH hat im Bemühen um gutes Einvernehmen mit dem Tarifpartner ihre Mitglieder aus den Augen verloren und sollte ihren Kurs dringend ändern.»

Zum Verein Ethik und Medizin Schweiz, Spitalstrasse 9, 4600 Olten, Tel: 062 212 44 10, www.vems.ch 
Ein Engagement der Stiftung für Fairness im Gesundheitswesen Fairfond, www.fairfond.ch 


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