Corona-Krise: Wohin entwickelt sich der Arbeitsmarkt?

In den USA geht die Sorge vor Verarmung um. Viele Arbeitsplätze werden wohl nicht nur zeitweise wegfallen, das wird befürchtet. Auch in Europa steht der Arbeitsmarkt vor Veränderungen. Die Angst vor einer Wellen an Pleiten und Entlassungen ist da.

Wie geht es weiter auf dem Arbeitsmarkt? Das wird eins der großen Themen der nächsten Zeit sein, vermutlich wichtiger als der "Impfzwang". Aus den USA und aus der Europäischen Union (EU) kommen dazu augenblicklich eher pessimistische Lageeinschätzungen.

10 Prozent gaben an, dass sie manchmal oder öfter nicht genügend zu essen haben.

In den USA etwa hat fast die Hälfte der erwachsenen Bürger, 47 Prozent, dem "Volkszählungsamt" der USA (Bureau of the Census) gegenüber angegeben, dass eine Person aus ihrem Haushalt seit März dieses Jahres ihr Erwerbseinkommen verloren hat. Weitere 39 Prozent erwarten, dass dies in den nächsten vier Wochen der Fall sein könnte. Knapp ein Drittel gaben an, dass sie zwar genügend zu essen bekommen, aber nicht die Nahrung, die sie benötigen.

"Kein Hunger" und "ein Dach über den Kopf zu haben" gehören zum absoluten Existenzminimum. Geht es nach einem Bericht der World Socialiste Web Site (WSWS), so droht "Zehntausenden von Familien" in den USA der Rauswurf aus ihren Wohnungen in den nächsten Wochen und Monaten. Sie können die Miete nicht mehr bezahlen. Es wird zu Zwangsräumungen kommen. Wegen der Maßnahmen gegen die Verbreitung von Sars-CoV-2 ruhten die Gerichte. Mit den Lockerungen in vielen US-Bundesstaaten ändert sich das aber jetzt. Allein in Oklahama City sollen an zwei Tagen 300 Räumungsklagen eingereicht worden sein.

Stanford-Professor Nicholas Bloom, der als Spezialist für "ökonomische Unsicherheit" gilt, schätzt in seiner Analyse zum COVID-19 (Wirtschafts-)Schock ein, dass in den USA 42 Prozent der kürzlichen Stellenstreichungen auf dauerhafte Arbeitsplatzverluste hinauslaufen. Laut der Financial Times sind besonders Niedriglöhner in Dienstleistungsbranchen betroffen, die meisten aus ethnischen Minderheiten, die "darum kämpfen müssen, die wirtschaftlichen Hilfen zu bekommen, die ihnen angekündigt wurden". Auch die britische Finanzzeitung erwähnt Befürchtungen, wonach die Entlassungen sich als dauerhaft herausstellen könnten, und es dazu führen wird, dass die Arbeiter finanziell nicht wieder auf die Beine kommen.

Bemerkenswert ist, dass bei der Entwicklung des Arbeitsmarkts Coronakrisen-Phänomene eine Rolle spielen, die zunächst gar nicht auf dem "Schirm" waren. Sollte zum Beispiel umgesetzt werden, etwas das etwa Facebook-Chef Zuckerberg propagiert, dass Konzerne ihre Arbeitsplätze verstärkt auf Homeoffice verlagern, so müssen Restaurants und Geschäfte Einbußen fürchten. Restaurants und Geschäfte in der Nähe der Konzerne, die bislang von deren Kundschaft profitieren.

Auch aus der Kultur, Kino, Theater, Konzerte kommen Ängste: So rasch wird der Betrieb wieder zur "alten Normalität" zurückfinden. "Die Wirtschaft, die ein Comeback schafft, wird ziemlich anders aussehen, als die, die runtergefahren wurde", schreibt die New York Times. Wenn die Regeln zur sozialen Distanz die "neue Normalität" prägen, dann wird es weniger Restaurantbesucher geben, weniger Kunden für den Einzelhandel, für Veranstaltungen und für die Fluglinien.

Auch die Industrieproduktion in der EU erlebt einen historischen Einbruch, wie bei Makroskop genauer aufgeschlüsselt wird. Im März ist demnach die Produktion um minus 11,7 Prozent abgestürzt, für April werden deutlich schlimmere Zahlen erwartet.

Corona hat im März das Herz der europäischen Wirtschaft, die Industrieproduktion, schwer getroffen. Doch das ist erst der Anfang. Auch April und Mai werden angesichts heruntergefahrener Produktionen und gerissener Liefer- und Wertschöpfungsketten – nicht nur in der Auto- und Kraftfahrzeugindustrie und ihrer Zuliefererbetriebe – dramatische Zahlen liefern und aus dieser Krise die größte seit der Depression der Vorkriegszeit machen. 120 Milliarden Euro haben die Ausgangsbeschränkungen in Frankreich ("Confinement") gekostet, rechnet Le Monde heute vor. Im Zentrum des Artikels steht die Befürchtung, dass die Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Erholung nur teilweise erfüllt werden und sich die Beschäftigungslage verdüstert. Es wird Pleiten geben und Entlassungen, kündigte Wirtschaftsminister Le Maire an. Der Artikel spricht gar von "Wellen an Pleiten und Entlassungen". Als besonders gefährdete Branchen wird der Flugzeugbau, die Autoindustrie, von deren Produktion viele Zulieferer abhängigen, sowie die Stahlindustrie und der Tourismus genannt. Der Staat könne nicht alle retten, heißt es am Ende des Artikels.