Das lebendige Ganze verteidigen
Die Realität besteht nicht aus isolierten Teilen, sondern aus Beziehungen, Netzwerken und einem lebendigen Ganzen.
Alles ist mit allem verbunden. Foto: Nasa
Alles ist mit allem verbunden. Foto: Nasa

Wir leben in einer Welt, deren Struktur seit Jahrhunderten in Teilbereichen gedacht wird: Körper-teile, Bestand-teile der Natur, Wissens-bereiche, Erd-teile, Landes-teile usw. Diese Sichtweise war für die Entwicklung von Wissenschaft und Technologie, sowie auch für die Bildung von Staaten und Regierungen nützlich. Ihren philosophischen Ursprung finden wir in den Gedanken René Descartes’, der vorschlug, komplexe Dinge in einfachere Teile zu zerlegen, um sie besser verstehen zu können.

Diese analytische Methode ermöglichte zwar grosse wissenschaftliche Fortschritte, führte aber auch zu einer fragmentierten Sichtweise der Welt. Dadurch haben wir nämlich etwas Grundlegendes aus den Augen verloren: Die Realität besteht nicht aus isolierten Teilen, sondern aus Beziehungen, Netzwerken und einem lebendigen Ganzen.

In den alten Kulturen, die aus heutiger Sicht vorwiegend matriarchal strukturiert waren, galt der Glaube, dass Alles-was-Ist aus der grossen Mutter-Göttin und alles irdische Leben aus Mutter-Erde stammt; dass nichts eine eigene Existenz hat und Alles mit Allem zusammen hängt.

Spätestens seit den Erkenntnissen aus der Quantentheorie müsste auch den westlichen Wissenschaftlern bewusst sein, dass alles miteinander verbunden ist und dass auch der Mensch mit all seinen verschiedenen Ebenen Teil eines Beziehungsgeflechts ist und nicht als separate Einheit gedacht werden darf. Wir sind also nicht voneinander getrennte Teile, sondern eingebettet in dieses Netzwerk, das uns trägt – auch wenn es oft unsichtbar bleibt. Und genau dieses Netzwerk, dieses lebendige Ganze, gilt es zu verteidigen oder auch erst wieder aufzubauen.

Leider behandelt die herrschende Politik die einzelnen Themen nach wie vor isoliert: Gesundheit, Umwelt, Wirtschaft, Sicherheit, Krieg, Frieden und so weiter. In der Praxis hängen jedoch alle Bereiche miteinander zusammen.

Der französische Philosoph Edgar Morin, einer der einflussreichsten Vertreter des komplexen Denkens, ist z.B. der Ansicht, dass wir eine neue Form der Politik benötigen: eine Politik, die versteht, dass alles miteinander verbunden ist, der Geist mit dem Körper, der Einzelne mit der Gesellschaft und der Mensch mit der Erde. Und wir brauchen eine Politik der Fürsorge statt der Herrschaft. Eine Politik, die nicht trennt, sondern verbindet.

Auch wenn Rudolf Steiner z.B. in seiner Sozialen Dreigliederung die Einsicht formulierte, dass die drei Glieder des politischen Lebens (Kultur und Geistesleben, Rechtsleben, Wirtschaftsleben) sich selbständig, ihren je eigenen Prinzipien gemäss, zu entfalten haben, hat er auch deutlich gemacht, dass sich diese drei Glieder gegenseitig durchweben, ergänzen und zusammen ein fürsorgliches Ganzes bilden.

Die Prinzipien der drei Glieder wurden schon während der Französischen Revolution vorausgenommen: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Nach Steiner ist

  • das Geistesleben in der Freiheit des einzelnen Menschen verankert;
  • das auf dem Prinzip der Gleichheit beruhende Rechtsleben national anwendbar;
  • das auf dem Prinzip der Brüderlichkeit basierende Wirtschaftsleben umfassend für die ganze Erde.

Wie kann es gelingen, dass wir aus einer politisch herrschenden Praxis der fortschreitenden Trennung einzelner Bereiche, der Spaltung der Gesellschaft und der sozialen Isolierung der Menschen wieder ein funktionierendes Netzwerk eines lebendigen Ganzen hinbekommen?

Meiner Erkenntnis nach müssen wir zunächst bei uns selbst anfangen – was wir leider ganz häufig übersehen und übergehen! Der erste Schritt ist die Selbst-Erkenntnis, das Bewusstsein dafür, wer ich wirklich bin und was der Sinn meines Lebens auf dieser Erde ist.

Der nächste Schritt wäre, auf Menschen zuzugehen (Zusammenkommen), Gemeinschaften mit Gleichgesinnten zu bilden (Zusammenbleiben) —, und Vernetzung mit Nachbarschaften und Gemeinden zu initiieren (Zusammenarbeiten).

Zusammenkommen ist ein Beginn, 
Zusammenbleiben ein Fortschritt, 
Zusammenarbeiten ein Erfolg.
Henry Ford

Das könnte sich dann fortsetzen in der Zusammenarbeit mit den Städten, Kreisen und autonomen Regionen – so wie das in unserer CHARTA als politische Vision beschrieben ist.

Und das «Zusammenkommen» kann auch erst mal in unseren Gedanken geschehen, den Gedanken an den Frieden in der Welt. Finde den Frieden in Dir selbst mit einem neuen Selbst-Bewusstsein: Du bist ein Teil des Ganzen, und gemeinsam sind wir stark.

Nimm dir auch heute – wie jeden Montagabend – um 21 Uhr wieder die Zeit, deine kraftvollen Gedanken gemeinsam mit vielen anderen ins morphogenetische Feld des Friedens zu senden. Nur so kann Eine Neue Erde entstehen.

Ich wünsche uns allen eine gute Hochsommerwoche — mit viel Sonne, angenehme Temperaturen, und bitte auch mit ausreichendem Regen!

Eva-Maria Gent
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www.gesellschaft-in-balance.de
www.charta-demokratiekonferenz.org

Eva Maria Gent

Eva Maria Gent

Eva Maria Gent (*1951) lebt in Kassel und ist Heilpraktikerin und Homöopathin. Sie ist Ko-Vorsitzende der «Gesellschaft in Balance e.V.», die die «Charta Demokratiekonferenz» entwickelt hat. eva-maria-gent.de

Ich wohne in einer Gemeinschaft mit 16 Erwachsenen und 4 Kindern. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann sich noch den Film über uns in der ARD-Mediathek anschauen: https://1.ard.de/Anders_leben_S01_E03

 

Kommentare

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Immer wieder ist es eine Freude und es tut so gut, deine Worte zu lesen. Ja es stimmt und wir oder ich zumindest muss immer wieder auf die Verbindung, auf das All-ein(s)-sein, das Universale,..., hingewiesen werden. Danke dafür.
Eine Frage taucht in mir immer wieder auf, wenn jemand darüber schreibt, "das Bewusstsein dafür, wer ich wirklich bin und was der Sinn meines Lebens auf dieser Erde ist" zu finden. Da denke ich immer: Kann ich das abschliessend finden? Meint die schreibende das so? Ist der Sinn letztlich nich für uns alle derselbe bzw. geht es nicht mehr um die Suche als um das Finden? Ist das individualistisch gedacht: jeder muss "ihn" finden? (Schaut mich an ich bin toll, ich hab den Sinn gefunden?!)
Ich habe mal in einem Buch, ich denke es war ein buddhistisch orientierter Ratgeber, gelesen, man solle sich täglich immer wieder fragen: Wer bin ich? Was ist meine Aufgabe hier? Wieso bin ich hier? Und zwar bewusst fragen und nicht antworten. Ich finde, das macht Sinn: Um 'from ego to eco' zu kommen müssen wir fluide bleiben und das Fragen kann dabei helfen.
Ah und, weg von den Bildschirmen, sie nehmen unseren frontalen Kortex in beschlag und erschweren damit das fantasieren und visionieren... erwischt! :)
Danke

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