Decision Fatigue: Der Kopf ist voll

Im Laufe eines Tages trifft der durchschnittliche Mensch rund 35'000 Entscheidungen. Jede Entscheidung kostet Energie und zehrt an unserer Willenskraft. Wie geht es einfacher?

30-jähriger Mann mit dunklen Haaren und Bart sitzt auf einem Ledersofa und stützt den Kopf in die Hand
Zu viele Optionen und Alternativen machen müde. (Bild: Nik Shuliahin on Unsplash)

Je länger der Tag, desto müder der Mensch. Das gilt nicht nur für den Körper, sondern auch für den Geist. Ständig müssen wir Entscheidungen treffen, auch über ganz alltägliche Dinge. Was wir anziehen. Was wir essen. Womit wir uns beschäftigen. Was wichtig oder unwichtig ist. Rund 35'000 Mal am Tag müssen wir uns entscheiden. Das kostet Kraft, auch mental.

Webdesigner wissen es: Heutzutage werden Websites bevorzugt so konzipiert, dass man mehr scrollt und weniger klickt. Grund dafür ist einerseits die Anwendung auf mobilen Geräten, auf denen scrollen einfacher geht als klicken. Es hat aber auch damit zu tun, dass jeder Klick eine kognitive Leistung erfordert: Was passiert, wenn ich hier klicke? Wohin führt der Link? Und lohnt sich das?

Decision Fatigue, Entscheidungsmüdigkeit, heisst das Phänomen, das zum Tragen kommt, wenn wir ständig aufgefordert werden, uns zu entscheiden. Vor dem Kleiderschrank, im Supermarkt, im Internet. Aus dem Online-Marketing weiss man, dass Menschen oft den Kaufprozess abbrechen, wenn sie auf dem Weg zur Kasse zu viele Entscheidungen treffen müssen. Rot, blau oder rot-blau? Mit, teilweise oder ohne? Ganz, halb oder dreiviertel? Basic, Premium oder Super-Premium? Dann doch lieber gar nicht, sagt sich manch einer, und lässt es dann lieber, weil er einfach nicht mehr kann.

Endlos viele Optionen und Alternativen überfordern uns eher, als dass sie uns glücklich machen. Und mit fortschreitender Tageszeit wird es immer schlimmer. Die Willenskraft funktioniert wie ein Muskel, der mit zunehmendem Gebrauch ermüdet. Deshalb heisst es auch, dass man wichtige und mental anstrengende Dinge besser morgens erledigen sollte. Sport zum Beispiel: Der innere Schweinehund lässt sich morgens besser in den Griff bekommen als abends, wenn unsere Willenskraft sich dem Ende zuneigt, nachdem wir bereits tausende von Entscheidungen treffen mussten.

Erleichterung tritt ein, wenn wir unser Leben vereinfachen. Die Anzahl Optionen und Alternativen verringern. Weniger Dinge besitzen. Entscheidungsprozesse implementieren, die uns helfen, wichtige Faktoren zu erkennen. Persönlichkeitscoach Steve Pavlina plädiert dafür, dass man sich angewöhnt, Entscheidungen innerhalb von 60 Sekunden zu treffen. So lernt das Gehirn, dass es sich konzentrieren muss, weil jede Fehlentscheidung Konsequenzen hat, die der Mensch dann ausbaden muss. «Fokus» heisst das Zauberwort: Wird der zeitliche Rahmen eingeschränkt, arbeitet man konzentrierter und kriegt am Ende mehr gebacken. Und bessere Resultate.

Mehr dazu

- 9 Ways to Combat Decision Fatigue, Artikel von Deep Patel im Entrepreneur vom 28. November 2018
- How to Make Smart Decisions in Less than 60 Seconds, Artikel im Blog von Steve Pavlina
- Das hilft, wenn der Kopf bei zu vielen Entscheidungen raucht, Artikel von Lisa Büntemeyer auf «Impulse» vom 22. April 2019