Junge Grünliberale für Schweizer Truppenbeteiligung bei Waffenstillstandssicherung in der Ukraine
Die angedachten 200 Mann entsprechen allerdings gerade mal 0,4 Prozent der mutmasslich erforderlichen Truppenstärke und erzielen bestenfalls eine symbolische Wirkung.
KFOR Soldaten
KFOR-Soldaten (Bild: Gruppe Verteidigung)

Die jungen Grünliberalen fordern Schweizer Truppen zur Sicherung eines möglichen Waffenstillstands in der Ukraine. «Immerhin hat die Schweizer Armee dank ihren langjährigen Einsätzen im Kosovo ihre Kompetenz bewiesen», sagt Gwenaël Richard, Co-Präsident der jungen Grünliberalen in einer Medienmitteilung.

Der Vergleich mit dem Einsatz in Kosovo hinkt insofern, als es sich dabei um ein Mandat der UNO handelt, das von der Nato ausgeführt wird. Die Schweizer KFOR-Soldaten operieren daher im Kosovo auf sicherer völkerrechtlicher Grundlage.

Russland hat einen bedingungslosen Waffenstillstand bisher abgelehnt. Bedingungslose Waffenruhen sind äusserst selten. Üblicherweise werden die Regeln eines Waffenstillstands vor Inkrafttreten vereinbart. Russland betrachtet ausländische Soldaten im Kriegsgebiet folglich als feindliche Truppen. Eine Beteiligung der Schweiz ist neutralitätspolitisch äusserst heikel.

Was hält die Mutterpartei der Grünliberalen vom Vorstoss ihrer Jungen? Das wollten wir von Pascal Tischhauser, Generalsekretär der Partei wissen:

Die JGLP hat die GLP darüber informiert, dass sie diese Forderung erheben wird. Unser Sicherheitspolitiker und Vizefraktionschef Beat Flach wird wie angekündigt in der Herbstsession einen Vorstoss dazu einreichen. Wir sind offen für die Forderung. Die GLP Schweiz hat das Thema aber noch nicht eingehend diskutiert.

Was ist die völkerrechtliche Begründung für einen solchen Einsatz, der aller Voraussicht nach nicht von der UNO legitimiert werden wird? Pascal Tischhauser:

Die erste Voraussetzung für einen solchen Einsatz ist Frieden in der Ukraine. Wir werden sehen, ob die UNO einen solchen Einsatz legitimiert oder nicht.

Eine wichtige Frage ist auch die Grösse des Kontingents. Soll es militärisch relevant sein oder nur symbolische Wirkung entfalten? 
Zur Grösse der notwendigen Friedenstruppen gibt es international bereits eine rege Diskussion mit weit auseinandergehenden Schätzungen. Selenski fordert mindestens 200’000 Mann.
Das International Institute for Strategic Studies geht gemäss Radio Free Europe von 60’000 bis 100’000 Mann aus.

Das online-Portal politico kommt aufgrund von Gesprächen mit europäischen Diplomaten auf eine Zahl von 50’000 und al Jazeera zitiert einen führenden Militärspezialisten, der bei einem Szenario von hoher Intensität auf einen Bedarf von 650’000 kommt. 

Militärs aus 30 europäischen Ländern, die im März das Format einer Truppe zur Sicherung des Waffenstillstands diskutierten, sehen die Zahl dagegen eher bei 10’000 bis 30’000 Mann

Eine Vereinbarung liegt noch in weiter Ferne, aber ein zuverlässiger Mittelwert der erforderlichen Truppenstärke liegt bei 50’000 Mann.

Wie gross soll das Schweizer Truppenkontingent nach Ansicht der GLP sein, damit es nicht nur eine symbolische Wirkung, sondern auch einen militärischen Nutzen bringt? Pascal Tischhauser:

Wie erwähnt, hat die GLP das Thema noch nicht eingehend diskutiert. Wenn sich tatsächlich abzeichnet, dass es zu einem Frieden kommt, und die Voraussetzungen gegeben sind für die Entsendung von Truppen in die Ukraine, wird sich diese Frage konkretisieren. Bis dahin orientieren wir uns an der Richtgrösse, die der Armeechef genannt hat. Notwendig wären laut Armeechef Süssli etwa 200 Soldatinnen und Soldaten.

200 Soldaten entsprechen 0,4 Prozent des mutmasslich erforderlichen Kontingents und können bestenfalls symbolische Wirkung erzielen – die Schweiz ist dabei! Dafür die Neutralität weiter zu demontieren und die Schweiz in kriegführende Machtblöcke zu integrieren, wird sich kaum lohnen.

Aber vielleicht ist das gerade die Absicht der Grünliberalen.

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