Standardstrom besser, aber trotzdem kaum neue Erneuerbare

Schweizer Haushalte sind durch die ausbleibende Liberalisierung bei ihrem jeweiligen Energieversorger gefangen. Wer sich also nicht aktiv um die Stromversorgung kümmert, erhält das Standardprodukt des lokalen Anbieters.

Standardstrom war bis vor wenigen Jahren oft günstiger Atomstrom oder – noch schlimmer –  ein Produkt mit ausländischem Kohlestrom.
 
Zusammensetzung auf den ersten Blick positiv
In den letzten Jahren hat sich die Zusammensetzung des Stroms stark verbessert. Bis auf wenige Ausnahmen haben die Anbieter fast vollständig erneuerbare Standardprodukte eingeführt. Die Entwicklung wurde durch die 2016 eingeführte Deklarationspflicht getrieben, wodurch plötzlich sichtbar wurde, dass die Versorger den sauberen Wasserstrom ins Ausland verkaufen und daheim fossilen Strom liefern.

Alter Wasserstrom günstig
Ein anderer Grund für die grosszügig in den Standardprodukten verkaufte Wasserkraft dürfte auch die Teilliberalisierung und der damit offene Markt für die Grosskunden sein. Diese decken sich nun am Strommarkt mit billigem Graustrom ein. So bleiben genug Zertifikate übrig, um – ohne wirkliche Veränderung des Produktionsmixes – die Standardkunden mit Wasserstrom zu versorgen. Dieser stammt mehrheitlich aus jahrzehntealten Wasserkraftwerken und trägt damit wenig zur Energiewende bei.

Minimaler Anstieg von neuem Solar-, Wind- oder Biomassestrom
Die von mynewenergy zusammen mit dem WWF durchgeführte Analyse zeigt deutlich, dass der Anteil an neuen erneuerbaren Energien seit 2014 in den Standardprodukten nur mininal gestiegen ist – von 1.4% auf 2.2%. Dies ist relevant, da die Wasserkraft in der Schweiz nur noch mässig ausgebaut werden kann und der Ersatz der Atomkraftwerke primär durch Solar- und Windanlagen erfolgen muss. Verbraucher, die die Energiewende wirklich vorantreiben wollen, sollten also weiterhin auf sehr gut bewertete Ökoprodukte wie «naturemade star» oder gleich auf ein reines Solarstromprodukt setzen.
 
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Dr. Christina Marchand ist Geschäftsleiterin der myNewEnergy AG, die einen Stromvergleich betreibt, mit dem jedermann die Nachhaltigkeit des bezogenen Stroms beurteilen und durch die Wahl eines entsprechenden Strommix die Energiewende fördern kann.