Trotz fortschreitender Urbanisierung lebt ein Viertel der Weltbevölkerung – etwa zwei Milliarden Menschen – als Kleinbauern („Peasants“) auf dem Land. Diese oft verachtete Gruppe ist kein Relikt der Vergangenheit, sondern nach wie vor die tragende Säule der globalen Ernährung und produziert bis zu 70 Prozent unserer Nahrungsmittel.
Wie die Maryam Aslani, Forscherin an der Universität von Venedig und in Yale, in einem eindringlichen Appell darlegt, ist die kleinbäuerliche Landwirtschaft nicht nur hocheffizient, sondern auch ökologisch nachhaltiger als industrielle Agrarsysteme und ein essenzieller Puffer gegen die Klimakrise.
Dennoch befindet sich die globale Bauernschaft in einer tiefen Krise, die von der Öffentlichkeit weitgehend ignoriert wird. Die Ursachen dafür sind politischer Natur: Seit den 1980er Jahren hätten neoliberale Reformen von Weltbank, IWF und WTO die Staaten gezwungen, sich von ihren schützenden Abkommen mit der Landbevölkerung zu lösen und stattdessen Allianzen mit globalen Agrarkonzernen einzugehen. Die Folgen für die Bauern sind verheerend:
Drei Hauptprobleme werden identifiziert:
- Abhängigkeit von Konzernen: Traditionelles Saatgut wurde durch patentiertes, teures Hybridsaatgut ersetzt, das zusammen mit chemischen Düngemitteln und Pestiziden von wenigen Konzernen wie Bayer und Corteva kontrolliert wird.
- Preisdruck und Ausbeutung: Durch staatliche Vermarktungsstellen und die Macht globaler Konzerne erhalten Bauern nur einen minimalen Teil des Endverkaufspreises, wie das Beispiel Kakao in Westafrika zeigt, wo die Erzeuger nur noch rund 6 Prozent des Schokoladenwerts erhalten.
- Landverlust und Kriminalisierung: Bauern werden gewaltsam von ihrem Land vertrieben, um Platz für Plantagen, Minen und Tourismusprojekte zu machen, oder sehen sich mit kriminellen Banden konfrontiert.
Diese Krise hat dramatische sichtbare und unsichtbare Folgen: Massenproteste (wie in Indien), massenhafte Überschuldung, eine alarmierende Suizidrate unter indischen Baumwollbauern, die Flucht in urbane Slums oder gefährliche Migrationsrouten sowie die Anfälligkeit für die Rekrutierung durch militante Gruppen.
Aslani warnt: Die Zerstörung der bäuerlichen Lebensweise bedroht nicht nur die Ernährungssicherheit, sondern destabilisiert ganze Regionen und befeuert die Klimaflucht. Die Lösung liege nicht in einer weiteren Industrialisierung der Landwirtschaft, die für viele Kulturpflanzen wie Reis ungeeignet sei.
Stattdessen müsse die politische und wirtschaftliche Macht wieder in die Hände derjenigen gelegt werden, die ein ureigenes Interesse an der langfristigen Gesundheit ihres Landes haben – der Bauern selbst. Ihr Überlebenskampf um ihren Platz und ihre Rolle, so das Fazit, ist auch unser aller Überlebenskampf.
Passend dazu:
Die Landwirtschaft in den USA steckt in tiefen Problemen.
Die Landwirte bilden zwar das Fundament von Wirtschaft und Gesellschaft, werden aber finanziell von allen Seiten unter Druck gesetzt.
Einerseits durch die riesigen Monopole, die das Saatgut, den Dünger und die Maschinen kontrollieren. Andererseits durch die großen Monopole, die den Großteil ihrer Erzeugnisse aufkaufen. Gleichzeitig ist die Nachfrage aus Übersee aufgrund des globalen Handelskrieges versiegt.
Die US-Landwirte erleben wirklich einen „perfekten Sturm“, und infolgedessen verlieren die meisten Betriebe Geld und die Pleiten häufen sich.
„Wir befinden uns mitten in der schlimmsten Wirtschaftskrise, die ich in meinen 50 Jahren erlebt habe“, sagte John Hansen, der Präsident der Nebraska Farmers Union, letzte Woche auf einer Regionalversammlung.
„Die Landwirtschaft ist unser Fundament hier in Nebraska und in vielen Bundesstaaten des Mittleren Westens“, erzählte Don Schuller, ein Mais- und Sojabohnenfarmer, dem ABC News. „Wenn die Landwirtschaft hier scheitert, wird alles scheitern.“
Quellen:
Michael Snyder: U.S. Farmers Are Facing The Worst Economic Downturn In At Least 50 Years. 29.9.2025
ABC News: Soybean farmers caught in looming crisis as US trade war with China cripples sales. 29.9.2025