Europa rudert zurück bei der Digitalisierung von Schulen
Gibt es auch in Deutschland nun endlich Handy-Verbot für Kinder? frägt die EMMA-Autorin Annika Ross

Andere Länder verbieten Handys in der Schule und sperren TikTok für Kinder und Jugendliche. Endlich beraten auch die Bildungsminister der Bundesländer über strengere Handy-Regeln. Hessen will Handys an Schulen grundsätzlich verbieten. Auch Bayern will nachziehen. Das ist dringend nötig. Ein Blick auf Europa also zeigt: Die Zeiten ungebremster Begeisterung für die Digitalisierung sind vorbei – selbst in Ländern, die einst Vorreiter waren:

Schweden beispielsweise hatte in den vergangenen Jahren einen hyperdigitalisierten Ansatz verfolgt, mit Tablets in nahezu jedem Klassenzimmer. Prompt sank das Leistungsniveau rapide. Nun werden 60 Millionen investiert: in Schulbücher. Zurück zum Papier lautet die Devise im hohen Norden. Die Klassenstufen 1 bis 9 sollen ab diesem Jahr handyfrei sein.

Dänemarks Bildungsminister Mattias Tesfaye will Ähnliches, und er entschuldigte sich bei den Jugendlichen, sie zu „Versuchskaninchen eines digitalen Experiments“ gemacht zu haben. Auch Dänemark diskutiert über ein Smartphone-Verbot für Kinder.

In den Niederlanden gab es sogenannte „Steve-Jobs-Schulen“, die nach dem Konzept „Lernen für eine neue Zeit“ nahezu papierfrei operierten. Ein Fehler, wie nun erkannt wurde. Den Kindern geht es nicht gut damit. Die Digitalisierung wird zurückgefahren. Seit Anfang 2024 sind Mobil­telefone, Tablets und Smartwatches laut niederländischer Regierung in Klassenräumen nicht mehr erlaubt.

Auch Giorgia Meloni hat in Italien ein Handyverbot an Schulen eingeführt. Selbst LehrerInnen dürfen keine Handys und Tablets zu Unterrichtszwecken verwenden. Das soll ihre Autorität stärken. Außerdem sollen SchülerInnen wieder mehr mit der Hand schreiben.

Und in Frankreich hat Noch-Präsident Macron persönlich den langen Bildschirmzeiten von Kindern den Kampf angesagt. Eine von ihm ein­gesetzte Kommission warnt vor dem „toxischen Ökosystem der sozialen Netzwerke“. Seit Anfang dieses Jahres haben alle 7.000 höheren Schulen des Landes eine „digitale Pause“. SchülerInnen müssen das Handy am Schuleingang abgeben. „Wir wollen die Verlockung zu Ablenkung reduzieren und das Schulklima verbessern“, so Erziehungsministerin Nicole Belloubet.

Ähnlich macht es Griechenland. Rigoros. Wenn SchülerInnen auf dem Schulgelände das Handy zücken, werden sie vom Unterricht suspendiert. Kommt das öfter vor, fliegen sie ganz von der Schule. Griechenlands Bildungsminister Kyriakos Pierrakakis: „Es geht um viel mehr als um Ablenkung. Die Kinder stumpfen ab, sie müssen wieder anfangen, miteinander in Kontakt zu treten. Sie müssen von dieser Sucht loskommen. Ihre Psyche leidet immens!“