Geld macht nicht glücklich, aber ohne ist man arm dran.
Geld hat in unserer heutigen Welt einen überdimensionalen Wert, der sich seit der Industrialisierung in kapitalistischer Manier ins unermessliche gesteigert hat. Dabei war die ursprüngliche Idee, ein Tauschmittel zu haben, das praktischer zu handhaben ist als der direkte Tausch Äpfel gegen Birnen.
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Der Solidus wurde erstmals unter Konstantin dem Großen geprägt. Foto: Wikipedia

Dieses Zwischenzahlungsmittel Geld wurde erfunden, als der Mensch zur arbeitsteiligen Wirtschaft übergegangen ist und der Handel über die eigenen Sippen, Dörfer und Grenzen hinaus seinen Aufschwung nahm.

Die ältesten Geldformen bestanden aus Waren (Getreide, Vieh, Muscheln, Metalle) - sogenanntem Naturalgeld. So kam z.B. vor rund 4000 Jahren in Teilen Afrikas und Indiens das Kaurigeld auf, das aus den Gehäusen von Kaurischnecken bestand.

Über die Handelsrouten breitete sich der Handel weltweit immer mehr aus, und es wurde notwendig, ein über die Grenzen hinaus gültiges Tauschmittel zu finden. Die seltenen Edelmetalle Gold und Silber waren dafür bestens geeignet. Sie dienten als Material für die frühesten Münzprägungen. Die ersten Goldmünzen wurden im Lydien des sagenhaften Königs Krösus im 6. Jahrhundert v. Chr. geprägt. Später kamen Münzen aus Silber, Kupfer, Nickel und Aluminium hinzu. Papiergeld gab es bereits im 11. Jahrhundert in China, in Europa ab dem 17. Jahrhundert.

Das Wort Geld stammt vom althochdeutschen gelt, das soviel bedeutete wie «Entgelt, Zins, Lohn, Opfer, Einkommen, Wert, gelten», und das erstmals im Jahre 790 auftauchte, als auch immer öfter die körperliche Arbeit der freigelassenen Leibeigenen «entlohnt» wurde.

Was ist heute aus der guten Idee des Tauschmittels Geld geworden? Die menschliche Gier nach Macht und immer mehr Reichtum und Besitz haben die patriarchal-kapitalistischen Strukturen wachsen und sich festigen lassen. Geld selber ist zur Ware geworden, es «arbeitet» und vermehrt sich. Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Und Geld sorgt immer wieder zu Streit und heftigen Auseinandersetzungen, und es hat noch nie für Frieden gesorgt.

Wie weit wir insgesamt mit dieser Entwicklung des Geldwesens gekommen sind, bis zur heutigen Digitalisierung mit Abschaffung des Bargeldes, darauf werde ich beim nächsten Mal eingehen.

Die verschiedenen Geldsysteme und Währungen haben in ihrer weltweiten Geschichte viele Aufs und Abs, Krisen und Kriege durchgemacht und tatsächlich für einige Wohlstand und Reichtum gebracht, aber für die Mehrheit der Menschen nur Not und Elend verursacht.

Die heftigen Wirtschaftskrisen Ende des 19.Jh., die z.B. auch die Geschäftstätigkeit des deutsch-argentinischen Kaufmanns Silvio Gesell (1862 - 1930) stark beeinflussten, brachten ihn zum gründlichen Nachdenken über die strukturelle Problematik des Geldwesens.

1891 veröffentlichte Gesell seine erste währungstheoretische Schrift: «Die Reformation des Münzwesens als Brücke zum sozialen Staat». Gesell fordert darin, dass Geld der Wirtschaft nur als Tauschmittel dienen, sie aber nicht als Hortungsmittel lähmen darf. Seine Idee war, dass Geld im Zeitablauf an Wert verlieren müsste - sogenanntes Schwundgeld - damit die Menschen einen Anreiz haben, es auszugeben und nicht zu horten.

In seinem 1916 erschienen Buch «Die natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld» stellte Gesell seine Theorie einer freien Wirtschaft vor. Dieses Werk ist bis heute wesentliche Grundlage der Freiwirtschaftslehre. Silvio Gesell vertrat darin eine weltbürgerliche Einstellung. Nach seiner Überzeugung sollte die Erde allen Menschen gleichermassen gehören, ohne Unterschied von Rasse, Geschlecht, Stand, Vermögen, Religion, Alter oder Leistungsfähigkeit. Landesgrenzen müssten überflüssig werden.

Als es durch die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs in den zwanziger und dreissiger Jahren zur grossen Weltwirtschaftskrise kam, gab es in der österreichischen Stadt Wörgl den Bürgermeister, Michael Unterguggenberger, der 1932 zur Bewältigung der grossen Not und des Elends in seiner Stadt, Gesells Idee des Freigeldes aufgriff und es zur Umsetzung brachte. Mit tatkräftiger Unterstützung der örtlichen Raiffeisenkasse wurden sogenannte «Arbeitswertscheine» emittiert und der Gemeinde als Finanzierungsvolumen zur Verfügung gestellt. Wörgl standen nun ausreichend Mittel zur Verfügung, verschiedene Arbeitsbeschaffungsprogramme vor allem im Bereich der Infrastruktur in Gang zu setzen.

Das Wörgler Wirtschaftsexperiment erwies sich als sehr erfolgreich und wurde auch «Das Wunder von Wörgl» genannt. Der Geldkreislauf mit dem Schwundgeld und die Wirtschaftstätigkeit wurden wiederbelebt — während das übrige Land nach wie vor tief in der Wirtschaftskrise steckte. Dieses Experiment weckte natürlich grosses Interesse, so dass viele weitere Gemeinden im Umkreis von Wörgl dem Beispiel folgen wollten. Auch im Ausland und in Übersee fand die Aktion starke Beachtung.

Der Erfolg dieses Experimentes war allerdings den Profiteuren der kapitalistischen Wirtschaft mehr als ein Dorn im Auge. Sie setzten alle Hebel in Bewegung, es zunichte zu machen: Nach einem Aufsehen erregenden Gerichtsprozess — nur die Österreichische Nationalbank dürfe Geldnoten ausgeben oder in Umlauf setzen! — und Drohungen des österreichischen Bundesheeres, in die Stadt einzumarschieren, musste das Experiment im September 1933 eingestellt werden.

Erst nach der Jahrtausendwende bekam Gesells Freigeldmodell wieder mehr Aufmerksamkeit: So wurde 2003 durch ein Schülerprojekt der 10. Jahrgangsstufe der Waldorfschule Chiemgau in Prien ein Regionalgeld geschaffen, das «Chiemgauer» genannt wurde. Der «Chiemgauer» gilt als die erfolgreichste von mehr als 60 Regionalwährungen in Deutschland.

Auch in Kassel haben wir vor ca. 20 Jahren eine Regionalwährung eingeführt, die «Bürgerblüte». Lange Zeit war sie sehr erfolgreich, aber in den letzten Jahren nahm die Anteilnahme daran leider so stark ab, dass wir uns entschieden, den Verein aufzulösen.

Letzten Freitag haben wir mit einem kleinen Abschiedsfest das Ende der Bürgerblüte, zwar mit Trauer, aber auch mit sehr schönen Erinnerungen gefeiert. Und wir sind mit der Hoffnung auseinandergegangen, dass der Samen für ein neues menschenwürdiges Geldsystem gelegt ist — auch wenn die Zeichen der Machteliten zur Zeit noch anders aussehen.

Es gab (und gibt!) aber auch immer wieder Menschen, die uns gezeigt haben, dass man sogar auch ganz ohne Geld glücklich und zufrieden leben kann. Eine davon war Heidemarie Schwermer (1942 - 2016), die ihre letzten Jahre bei uns in Kassel verbrachte. Zwischen 1996 und 2016 lebte Heidemarie Schwermer ohne Geld. Schritt für Schritt war die ehemalige Lehrerin und Psychotherapeutin aus den bestehenden Strukturen ausgestiegen und in eine neue Freiheit hineingewachsen. Sie hat verschiedene Zeitbörsen und Tauschringe u.ä. ins Leben gerufen, die als noch bestehende Initiativen «Gib und Nimm» genannt werden.

Begeistert hat sie sich in ehrenamtliche soziale Projekte eingebracht und überall mitgeholfen, wo sie gebraucht wurde — und dafür ist sie überall mit offenen Armen aufgenommen und mit allen lebensnotwendigen Dingen versorgt worden. In Funk und Fernsehen gab es Berichte und Interviews von ihr, und sie hat über ihr Leben ohne Geld verschiedene interessante Bücher geschrieben, u.a. «Das Sterntalerexperiment».

Wird es der Menschheit gelingen, eines Tages in Frieden und Freiheit zu leben? «Wegweiser», die in diese Richtung zeigen, gibt es etliche, Gesells Freiwirtschaftslehre ist nur eine davon; eine andere Rudolf Steiners Soziale Dreigliederung; und auch die CHARTA für ein Europa der Menschen und Regionen ist eine Vision für ein friedliches Miteinander, für eine Welt, in der wir wirklich leben wollen.

Nicht zuletzt entspringen alle Ideen und Visionen unseren Gedanken. Mit der Kraft unserer Gedanken können wir eine Neue Welt erschaffen: Stell Dir vor, es ist Frieden, und Alle machen mit! Der Anfang ist gemacht mit unseren gemeinsamen Friedensgedanken montags um 21 Uhr. Nimm Dir ein paar Minuten Zeit, und sei dabei! Wir wollen Frieden für Alle / Hevenu Shalom Alechem!

Eva-Maria Gent
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www.gesellschaft-in-balance.de
www.charta-demokratiekonferenz.org

Eva Maria Gent

Eva Maria Gent

Eva Maria Gent (*1951) lebt in Kassel und ist Heilpraktikerin und Homöopathin. Sie ist Ko-Vorsitzende der «Gesellschaft in Balance e.V.», die die «Charta Demokratiekonferenz» entwickelt hat. eva-maria-gent.de

Ich wohne in einer Gemeinschaft mit 16 Erwachsenen und 4 Kindern. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann sich noch den Film über uns in der ARD-Mediathek anschauen: https://1.ard.de/Anders_leben_S01_E03

 

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