Die Impf-Apartheid

Pharmakonzerne wie Pfizer erschweren den Zugang zu den Covid-Impfungen in wirtschaftlich benachteiligten Ländern. Dazu kommt, dass diese weit weniger wirksam sind, als offiziell kommuniziert wird. Dies belegen verschiedene aktuelle Reporte.

© Andina Agencia Peruana de Noticias

Der US-amerikanische Pharmakonzern Pfizer wird beschuldigt, bei den Verhandlungen über die Covid-Impfung skrupellos vorgegangen zu sein und die lateinamerikanischen Regierungen eingeschüchtert zu haben. Dies berichten das britische «Bureau of Investigative Journalism» und das peruanische Online-Medium «Ojo Público» in einer detaillierten Reportage.

In verschiedenen Ländern wollte Pfizer Klauseln in die Verträge einbauen, damit der Konzern nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn negative Nebenwirkungen auftreten – aber auch, wenn Pfizer die falsche Impfung liefert oder bei der Produktion Fehler unterlaufen. Ausserdem wurden staatliche Einrichtungen wie Botschaftsgebäude oder Militärbasen als Sicherheit gefordert, um eventuelle Folgekosten auf Grund von Klagen zu finanzieren, damit diese nicht zu Lasten von Pfizer gehen. Nicht alle Regierungen haben diese Bedingungen akzeptiert – in Argentinien und Brasilien kam es zu keinem Abkommen mit Pfizer.

Das peruanische Aussenministerium soll die Forderungen des Konzerns als extrem bezeichnet und zum Ausdruck gebracht haben, dass die Bedingungen deutlich schärfer sind als bei früheren Abkommen über Impfungen. Ein Amtsträger, der bei den Verhandlungen anwesend war, sagte zu Ojo Público, das Vorgehen von Pfizer habe auf Einschüchterungstaktik beruht und die Regierung hätte das Gefühl gehabt, erpresst zu werden, um Zugang zur Impfung zu erhalten.

Es fiel das Stichwort «Impf-Apartheid», und Lawrence Gostin, Direktor des amerikanischen «Center for Law and Public’s Health» – einer der Partnerorganisationen der Weltgesundheitsorganisation – fand klare Worte für die aktuelle Situation: «Die Pharmakonzerne dürfen ihre Macht nicht missbrauchen, um den Zugang zu den Impfungen in wirtschaftlich schwächeren Ländern zu erschweren. Doch genau das scheint zu passieren.»

Währenddessen bleibt unklar, wie wirksam die Impfungen überhaupt sind. Die mexikanische Biologieprofessorin Karina Acevedo zeigt in einer ausführlichen und wissenschaftlich fundierten Video-Präsentation auf, warum die diesbezüglichen Angaben der Pharmakonzerne irreführend sind. Pfizer zum Beispiel gibt an, dass seine Impfung eine Wirksamkeit von 95 Prozent hat. Wie Acevedo ausführt, bedeutet dies aber nicht, dass 95 Prozent der Menschen, die die Impfung erhalten, vor dem Virus geschützt sind. Die 95 Prozent bezeichnen nämlich nur das «relative Risiko», das durch den Vergleich von zwei Testgruppen berechnet wird, von denen eine die Impfung erhält und die andere ein Placebo.

Das deutsche Ärzteportal arzt-wirtschaft.de erklärt dieses Phänomen am Beispiel der Grippeimpfung: «In einer Saison mit geringer Verbreitung des Grippevirus liegt die Wirksamkeit der Grippeschutzimpfung etwa bei 50 Prozent. Diese Zahl bedeutet aber nicht, dass 5 von 10 Geimpften vor der Grippe geschützt sind. Sie bedeutet, dass von je 100 Personen ohne Impfung zwei eine bestätigte Influenzainfektion bekamen, und von je 100 Personen mit Impfung nur eine.»

Vorgestern Dienstag hat auch die Schweizer NGO Public Eye einen ausführlichen Bericht zum Vorgehen der Pharmakonzerne veröffentlicht. «Big Pharma nutzt die Krise zu ihrem Vorteil und zur Profitmaximierung aus, obwohl ihre Produkte massiv durch öffentliche Gelder finanziert wurden. Reiche Länder wie die Schweiz schützen die Interessen ihrer Pharmaindustrie, indem sie internationale Bestrebungen für einen gerechten Zugang verhindern», heisst es zusammenfassend.