Die Swiss führt als erstes grosses Unternehmen der Schweiz ein Impfobligatorium ein

Die Fluggesellschaft sieht sich in Erwartung verschärfter Einreisebstimmungen vieler Länder dazu gezwungen. Es gilt ab dem 15. November und nur für das fliegende Personal

(Foto: Lukas Souza / unsplash.com)

Die Durchsetzung eines Impfobligatoriums ist der Swiss offensichtlich nicht leicht gefallen. Im Brief an die «Kolleg:innen» des fliegenden Personals heisst es:

«Der erweiterten Geschäftsleitung und den Führungskräften der betroffenen operativen Einheiten ist klar, dass die Entscheidung zur Einführung eines Impfobligatoriums weitreichende Konsequenzen hat und sehr kontroverse Reaktionen auslösen wird. Entsprechend intensiv wurde sie vorgängig diskutiert. Dennoch halten wir sie für unvermeidlich.»

Unterzeichnet ist die Mitteilung von den Heads of Operations, Flight Operations, Cabin Crew und HR. Sie schreiben:

«Nachdem wir versucht haben, diese Massnahme zu vermeiden oder sie zumindest so lange wie möglich hinauszuzögern, sehen wir sie heute als alternativlos, um mittel- und längerfristig einen plan- und durchführbaren Flugbetrieb aufrechterhalten zu können. Da die Umsetzung des Impfobligatoriums entsprechenden zeitlichen Vorlauf benötigt, können wir es unternehmerisch nicht verantworten, noch länger mit der Entscheidung zuzuwarten.»

Hintergrund: Immer mehr wichtige Destinationen verlangen für die Einreise – auch vom Flugpersonal – einen 3G-Nachweis (geimpft, getestet, genesen). «Lange Zeit» konnte die Swiss die Bedingungen mit Tests erfüllen. «Mit der schieren Masse solcher Tests, die in Zukunft benötigt werden» würden jedoch die Dienstzeiten länger und die Flugvorbereitung aufwändiger.

Mit anderen Worten: Im Hintergrund des Impfobligatoriums stehen wirtschaftliche Überlegungen. Aber auch eine Entwicklung, die sich evt. verschärfen könnte: Am 20. August hat Hongkong als erste Destination eine Impfpflicht für Einreisende aus der Schweiz eingeführt. Die Swiss rechnet mit weiteren Destinationen, etwa die USA, eine «enorm wichtige Ertragsstütze», auf die «unter keinen Umständen» verzichtet werden kann. Das sind Argumente.

Etwas weniger glaubwürdiger wirken die «Überlegungen zu unserer Fürsorgepflicht als Arbeitgeberin». Wenn die Swiss schreibt, die Impfung biete, neben Abstand und Maske, unbestritten den besten verfügbaren Schutz gegen eine Ansteckung oder einen schweren Verlauf der Krankheit, dann ist das einfach nicht wahr. Zumindest Israel, Vorreiter der internationalen Impfkamagne, dürfte die Behauptung bestreiten: 60 Prozent der schweren Krankheitsverläufe dort betreffen Geimpfte.

Auch die Begründung der Swiss, sie wolle mit dem Obligatorium Geimpfte nicht benachteiligen, überzeugt nicht wirklich. Sie wolle die Geimpften nicht ausschliesslich für die Destinationen mit «stark ausgeprägten Schutzmassnahmen» einsetzen. Dabei sind diese Schutzmassnahmen doch gerade für die Geimpften kein Problem.

Die Durchimpfungsquote beim Kabinenpersonal ist im Vergleich zur gesamten Schweiz unterdurchschnittlich: 60 Prozenten des Cockpit- und 35 Prozent des Kabinenpersonals sind geimpft.

Obwohl gemäss Epidemiengesetz nur die Behörden eine Impfpflicht für gewisse Berufsgruppen einführen können, sieht sich die Swiss mit ihrem Schritt im Recht. Sie beruft die dabei auf die Gesamtarbeitsverträge mit dem Cockpit- und dem Kabinenpersonal. Denjenigen mit dem Cockpit-Personal hat sie im Februar gekündigt, allerdings erst auf März 2022.