Machen uns die Maschinen reicher oder nehmen sie uns den Lohn der Arbeit? Und ist ein Grundeinkommen die richtige Lösung für die wachsende Schere zwischen Arm und Reich? Die Antworten gehen grundlegend auseinander. Christoph Pfluger moderierte ein Streitgespräch zwischen dem Ökonomieprofessor Reiner Eichenberger von der Universität Fribourg und Daniel Häni, einem der führenden Köpfe hinter der Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen, über die wir am 5. Juni abstimmen.

Christoph Pfluger: Die zunehmende Automatisierung stellt immer mehr Arbeitnehmende frei und der Gewinn aus der Automatisierung fällt an die Kapitaleigentümer. Wie sollen die Einkommen der Arbeitnehmenden gesichert werden, wenn es immer weniger Arbeit gibt?

Reiner Eichenberger: Die weitverbreitete Angst «Uns geht die Arbeit aus» entspringt  einem grundsätzlichen Missverständnis ökonomischer Zusammenhänge. Natürlich werden bei einem Automatisierungsschub Arbeitskräfte freigestellt, aber die finden in der Wirtschaft, die dank der Technisierung wächst, wieder Arbeit.
CP: Die landen doch mehrheitlich im Prekariat oder in unterbezahlten Arbeitsplätzen.

RE: Das stimmt nicht. Das sieht man in den Ländern, die richtig automatisiert haben und einen flexiblen Arbeitsmarkt haben – eine wichtige Voraussetzung: Schweiz, Japan, Korea, USA, Skandinavien. Da sehen Sie von all dem nichts. Das gibt es nur in Ländern mit überreguliertem Arbeitsmarkt. Die Technisierung hat die Menschen von den Feldern geholt, aber dann dafür gesorgt, dass in der Industrie Arbeit geschaffen wurde. Selbst wenn Sie recht hätten – was Sie nicht haben –, muss man beachten: Durch die Automatisierung sinken die Preise aller Produkte. Die Automaten werden ja eingeführt, weil sie billiger sind. Mit dem tieferen Lohn haben die Arbeitnehmer immer noch mehr davon. Das ist es, was man langfristig feststellt.

Daniel Häni: Arbeit ist doch mehr als nur Erwerbsarbeit. Das bedingungslose Grundeinkommen lenkt den Blick auf die Frage, was überhaupt Arbeit ist. Es gibt so viel Arbeit, wie es Menschen gibt. Die vierte industrielle Revolution wird den Begriff der Erwerbsarbeit heftiger denn je verändern. Sie wird nicht zu mehr Arbeitslosigkeit führen, aber nur wenn man die richtigen Schlüsse daraus zieht. Deshalb sagt der WEF-Gründer Klaus Schwab: «Es braucht Lösungen, die allen ein Mindesteinkommen garantieren.» Und: «Klar ist: Wir müssen ganz neu denken.» Dieses neue Denken stossen wir mit der Initiative an.
RE: Die Automation stellt Leute für andere Tätigkeiten frei und macht uns alle noch reicher – genauso wie uns schon die industrielle Revolution reicher und freier gemacht hat. Wir können die neuen Freiheiten nutzen, indem wir materiell noch reicher werden, oder mehr Freizeit haben, oder das arbeiten, was uns Spass macht.

DH: Menschen werden in Zukunft das tun, was Maschinen nicht können. Bei allem, was nicht berechenbar ist, ist der Mensch gefragt. Darum müssen wir die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen, in denen der Mensch in seinem Unberechenbaren geschult, gefördert und gestützt wird.

CP: Da seid Ihr euch ja einig.

RE: Nein, gar nicht. Wir sind uns einig, dass die Robotik weitere Befreiung bringt, aber nicht, wie wir mit dieser neuen Freiheit umgehen sollen.
DH: Ich finde, man soll diese Freiheit wirklich freigeben, während Sie darüber regieren möchten.

RE: Nein, Sie wollen sie reglementieren und kaputt machen und ich möchte sie der Freiheit des Marktes übergeben.

DH: Der Mensch soll doch selber entscheiden, was er mit dieser Freiheit macht. Deshalb braucht es ein bedingungsloses Grundeinkommen. Erst dann ist der Arbeitsmarkt wirklich frei. In einem Arbeitsmarkt, an dem man teilnehmen muss, ist das Wort Freiheit eine Phrase. Die Existenz muss bedingungslos sein, erst dann haben wir eine liberale Wirtschaft.

CP: Ich bestreite, dass die Freiheiten grösser geworden sind. Natürlich sind die Arbeitszeiten seit dem Zweiten Weltkrieg gesunken und die Löhne gestiegen. Aber die Zwänge sind an anderen Orten grösser geworden, in der Dritten Welt zum Beispiel. Und bei uns liegt man inzwischen mit dem Handy am Strand, weil man ständig in den Produktionsprozess eingespannt ist. Zudem werden wir zum Konsum förmlich gezwungen, zum Beispiel durch geplante Obsoleszenz.

DH: Deshalb ist es wichtig, den Menschen zu sagen: Ihr müsst gar nicht. Wir haben die Gewohnheit, immer beschäftigt sein zu müssen.

RE:  Wir sind uns einig, dass die Freiheit durch verschiedene Faktoren bedroht wird. Oft führt die Freiheit, die uns die Maschinen ermöglichen, nur zu noch mehr Arbeit. Gerade wenn die Reallöhne – der pro Stunde produzierte Güterberg – wachsen, wollen viele Leute noch mehr arbeiten, weil es sich dann eben noch mehr lohnt.

CP: Die Statistiken zeigen aber, dass der Mensch in den USA seit 1979 und in Europa seit ungefähr 2000 immer weniger für seine Arbeitszeit bekommt.
RE: Das ist falsch. Die Statistiken vernachlässigen den riesigen Nutzengewinn der Konsumenten durch die enorme technische Entwicklung der Konsumgüter. Aber natürlich machen Menschen auch ernsthafte Fehler: Viele malochen und konsumieren mehr und merken erst hinterher, dass es sie gar nicht glücklich macht. Auch das Kollektiv macht Fehler: Die hohe Staatsquote und die Monopole schöpfen Wohlstand ab.

CP: Auch die Konzernquote ist zu hoch. Über 50 Prozent der Güter werden heute von Multis hergestellt und verkauft.

RE: Da verbirgt sich tatsächlich viel Ineffizienz, genauso wie beim Staat. Das beschränkt unsere Freiheit.

DH: Ein gutes Argument, die Freiheit mit einem bedingungslosen Grundeinkommen eben freizugeben. Es braucht einen mentalen Wandel: Meine Mitmenschen sind nicht meine Feinde. Im Gegenteil: Ich lebe von der Arbeit meiner Mitmenschen. Deshalb ist es klug, für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen. Es ist für alle besser, wenn die Existenz von allen gesichert ist und die Leute auf dieser Basis eigenverantwortlich tätig sind.

RE: Das tönt alles schön und recht. Aber wir Ökonomen sehen nicht nur den Nutzen, sondern auch die Kosten. Das bedingungslose Grundeinkommen muss auch finanziert werden. Es erfordert sehr hohe Steuern; die müssen durchgesetzt werden und das führt zur Versklavung.

DH: Das ist Polemik. Als Unternehmer muss ich immer schauen, wo der Bedarf in der Zukunft liegt und muss dazu natürlich Kosten und Nutzen im Auge halten. Nur sind die Kosten für mich nicht ein rotes Tuch, sondern Investitionen. Das bedingungslose Grundeinkommen ist die beste Investition, um die Angst aus der Gesellschaft zu bringen. Sie lähmt den Menschen und ist der unproduktivste Faktor, den wir haben.

RE: Einverstanden; aber das ist wieder nur die Nutzen-Seite. 2500 Franken pro Monat sind einfach nicht finanzierbar. Und wenn man das bedingungslose Grundeinkommen reduziert, verliert man seinen Nutzen.

CP: Wenn wir schon die Kostenseite genauer anschauen, müssen wir auch den grössten Kostenfaktor der Volkswirtschaft betrachten, die Kapitalkosten von rund 30 Prozent. Diese Kosten leiten sich einzig aus dem Recht des Kapitalbesitzers ab, das privatisierte Geld zurückzuhalten und erst gegen eine Gebühr in Umlauf zu bringen. Die Entprivatisierung des Geldsystems birgt ein enormes Potenzial.
DH: Das ist ein ganz anderes Thema. Das Geld ist ja vorhanden. Alle in der Schweiz haben bereits ein Grundeinkommen, aber unter verschiedenen Bedingungen. Es geht um die Frage: Soll das Grundeinkommen – also die Existenz – bedingungslos werden?

RE: Jetzt hört der Witz langsam auf. Natürlich ist das Geld vorhanden. Aber es wird erst mit exorbitanten Steuern von 70 bis 100 Prozent verfügbar. Unter diesen Umständen muss man die Menschen zur Arbeit zwingen. Das braucht einen Kontrollstaat, und ich kann nicht verstehen, wie freiheitsliebende Menschen so etwas wollen.

DH: Reiner Eichenberger hat ein ungünstiges Menschenbild, nach dem der Mensch nur darwinistisch funktioniert. Er meint, der Mensch werde nur durch Existenzangst tätig. Damit vergibt er ein enormes Potenzial.

RE: Mein Argument ist nicht, dass die Menschen mit gesichertem Einkommen nicht mehr arbeiten. Bill Gates mit einem Grundvermögen von über 50 Milliarden und einem Grundeinkommen von vielleicht zwei Milliarden arbeitet wie ein Esel. Auch Professoren arbeiten wie die Esel, obwohl sie 200 000 Franken im Jahr erhalten. Mein Punkt ist, dass der Nettobedarf von 150 Milliarden für das bedingungslose Grundeinkommen so hohe Steuern erfordert, dass die Menschen nicht mehr arbeiten – oder schwarz.

DH: Diese Angst ist eindimensional. Wer Steuern zahlt, erhält auch etwas dafür. Zudem: In Skandinavien hat man auch eine höhere Staatsquote, und es geht. Entscheidend ist, ob der Staat Bedingungen stellt.

CP: Diese Abschöpfung wird sehr schwierig werden. Rund 60 Prozent des Weltumsatzes entfallen auf multinationale Konzerne mit einer sehr weitgehenden Steueroptimierung mit Hilfe von Steueroasen. An das Geld kommt man nicht heran, und es wird noch mehr Steuerhinterziehung geben.

DH: Die Unternehmen und auch die Arbeitnehmer zahlen ohnehin keine Steuern. Steuern zahlen wir letztlich nur als Konsumenten. Ich halte nichts vom Gejammer, die Reichen sollten mehr Steuern bezahlen.
RE: Das stimmt. Steuern werden weitgehend in die Preise eingerechnet und weitergegeben.

CP: Aber Konsumsteuern sind ungerecht. Sie belasten im Verhältnis die kleinen Einkommen viel stärker als die grossen. Bill Gates konsumiert nicht viel mehr als wir an diesem Tisch, ausser dass er vielleicht noch eine Jacht hat und ein paar Ferienhäuser.

RE: Ja, genau. Die Reichen sind keine Schädlinge. Sie investieren ihr Geld ja wieder.

CP: Doch nur unter der Bedingung, dass sie mehr zurückholen können!

RE: Ja, genau. Aber sie bauen Fabriken, und die Gütermenge steigt und wird billiger. Ein Problem sind Reiche, die ihr Geld verprassen.

CP: Zum Glück tun sie das. Das Geld, das sie ausgeben, bleibt ohne Profitanspruch im Kreislauf. Zudem bezahlen sie Konsumsteuern.
RE: Hören Sie auf mit dem Geldschleier. Das verstehen Sie nicht. Es wird zu kompliziert, wenn man mit Geld zu denken beginnt. Die Hälfte der Professoren versteht den Geldschleier auch nicht. Denken Sie in Gütern!

DH: Mit der digitalen Revolution wird die Herstellung von Gütern sehr billig – Stichwort «Nullgrenzkosten». Digitale Produkte kosten nur einmal. Wenn sie fertig sind, können wir sie unbegrenzt konsumieren. Darum müssen wir jetzt aufwachen, die Fixierung auf die Erwerbsarbeit lösen und dafür sorgen, dass die Menschen auch weiterhin ein Einkommen haben. Wir sind gut beraten, Arbeit und Einkommen im Bereich der Existenzsicherung zu entkoppeln. Der Sozialstaat wird sich nicht mehr weiter auf die Erwerbsarbeit abstützen können. Es ist übrigens kein Zufall, dass man im Silicon Valley an der Idee des bedingungslosen Grundeinkommen Interesse hat.

RE: Wenn die Güter nichts mehr kosten, löst sich das Einkommensproblem fast von alleine. Auch mit einem kleineren Einkommen kann man dann mehr kaufen.

CP: Das ist aber nicht das, was wir angesichts der Verbilligung der Produktionskosten durch die Globalisierung feststellen. Die Konzerne werden die vierte industrielle Revolution zur weiteren Steigerung ihrer Gewinne nutzen.

RE: Der Wettbewerb wird dafür sorgen, dass dies nicht geschieht.

CP: In diesem Wettbewerb haben aber die Grossen eindeutig längere Spiesse. Wenn man in Indonesien ein paar Turnschuhe für einen Franken fünfzig herstellt und bei uns für 150 Franken verkauft, kann man doch nicht mehr von einem funktionierenden Wettbewerb sprechen.

RE: Wir beobachten das Gegenteil: Heute verdrängen koreanische Autos amerikanische und europäische. Es treten dauernd neue Firmen in den Markt, andere verschwinden – es herrscht ein scharfer globaler Wettbewerb.

CP: Ich bleibe dabei: Die Automatisierung wird den Konzernen weitere Möglichkeiten geben, Druck auf die Löhne auszuüben und ihren Gewinn zu vergrössern.

RE: Nein, der Anteil der Kapitalgewinne von rund 30 Prozent ist seit Jahrhunderten mehr oder weniger stabil. Er ist gewissermassen historisch.

CP: Das Problem ist nicht nur die Höhe an sich, sondern dass er zunehmend bei den Grossen anfällt. Man weiss: Je grösser das Vermögen, desto grösser die Rendite.

RE: Deswegen fällt die Welt nicht auseinander.

CP: Das ist nicht so sicher. Wenn die Reichen reicher und die Armen ärmer werden, wird der Bogen irgendeinmal überspannt.

RE: Dafür gibt es in der Schweiz keine Evidenz. Das ist eine langweilige Diskussion von schlechter Qualität, die viele Faktoren ausser Acht lässt, wie etwa die Vermögen der zweiten und dritten Säule und die Ansprüche an die AHV.

CP: Es ist unseriös, nur auf die Schweiz zu schauen. Wir leben in einer globalisierten Welt und da ist eine enorme Umverteilung zu beobachten.
DH: Hören Sie doch auf, den Reichen irgendetwas wegnehmen zu wollen. Das ist eine erfolglose Illusion.

CP: Wem soll man denn die 150 Mrd. für das bedingungslose Grundeinkommen wegnehmen?

DH: Niemandem! Es braucht gar nicht mehr Geld. Das Geld ist vorhanden: Alle haben bereits ein Grundeinkommen. Was fehlt, ist die Einsicht in die Qualität der Bedingungslosigkeit. Zudem haben wir in der Schweiz kein Produktionsproblem. Die Kapazitäten sind viel grösser als der Bedarf. Also müssen wir doch nicht länger an den protestantischen Arbeitsgeboten wie Fleiss oder Gehorsam festhalten. Die Menschen brauchen ein Einkommen, damit sie arbeiten können. In Zukunft sind Kreativität und intrinsische Motivation gefragt.

CP: Guter Punkt. Wo ich nicht einverstanden bin, ist die Feststellung, dass das Geld vorhanden ist. Es existiert vielleicht, aber es ist woanders. 30 bis 50 Prozent der Vermögen sind gemäss Angaben des Internationalen Währungsfonds bereits in Steueroasen gebunkert. Da gibt es nichts mehr zu holen.

DH: Man muss auch nichts holen; man muss nur das, was schon vorhanden ist, bedingungslos machen. Wie gesagt: Alle haben bereits ein Einkommen, entweder aus Erwerb oder als Transferleistung vom Staat. Es ist doch nicht klug, was man unbedingt braucht, an Bedingungen zu knüpfen.

RE: Das kann man meinetwegen so formulieren. Aber es ist eine Umverteilungsübung, und es ist eine Mogelpackung: Daniel Häni verkauft uns Sklaverei als Freiheit.

DH: Sie sprechen demagogisch. Ich sage Ihnen, um was es wirklich geht. Es geht nicht um die Umverteilung von Geld, sondern um eine Machtumverteilung. Daher kommt auch der Widerstand.

CP: Sie sollten uns schon erklären, woher das Geld kommt.

DH: Die Sache ist einfach: Wer jetzt 6000 Franken verdient, wird auch in Zukunft 6000 Franken verdienen, 2500 Franken davon als bedingungsloses Grundeinkommen. Es ist wie ein ausbezahlter Steuerfreibetrag. Was ausbezahlt wird, muss natürlich auch einbezahlt werden.

CP: Aber Sie tun so, als ob niemand mehr Steuern bezahlen müsste.

DH: Nein. Die Regel, wie ausbezahlt wird, ist klar: Alle kriegen 2500 Franken im Monat, die Kinder weniger. Wie einbezahlt wird, muss noch debattiert werden. Aber es ist insgesamt ein Nullsummenspiel. Alle erhalten das Grundeinkommen und alle zahlen in die Grundeinkommenskasse ein. Je nach Einzahlregel mehr oder weniger, als sie als Grundeinkommen ausbezahlt bekommen.

RE: Der entscheidende Punkt ist eben gerade, dass das «Nullsummenspiel» höchst schädlich ist. Ich wiederhole mich: Wenn ich 30 000 vom Staat erhalte und gleichzeitig 30 000 zusätzlich durch eine Einkommenssteuer aus meinem selbstverdienten Geld abliefern muss, müssen die Steuersätze stark steigen! Das senkt die Leistung, erhöht die Steuervermeidung und senkt das Gesamteinkommen ganz massiv.

DH: Man sollte bei Steuern nicht ständig von Belastung sprechen, sondern von Investition.

RE: So altruistisch denken die Menschen leider nicht. Die Menschen bezahlen nicht freiwillig Steuern; deshalb gibt es Steuerämter. Und wenn die Steuersätze ein gewisses Mass überschreiten, gibt es einfach Probleme. In Skandinavien wurden deshalb die Spitzensteuersätze seit den 1980ern wieder massiv gesenkt. Auch Mehrwertsteuersätze von mehr als 20 Prozent sind erfahrungsgemäss problematisch.

DH: Aber das Grundeinkommen kostet gar nichts. Der Widerstand konzentriert sich nur auf die Bedingungslosigkeit.

CP: Das Geld mag vorhanden sein, aber nicht dort, von wo es verteilt wird, nämlich in der Bundeskasse. Damit es dorthin kommt, muss man es den Menschen doch wegnehmen.

DH: Nein, nicht wegnehmen, sondern durch die Bundeskasse leiten und es bedingungslos wieder verteilen. Die Grundeinkommenskasse funktioniert als eine Art Bedingungslos-Wäscherei. Man bringt schmutzige Hemden und erhält saubere zurück. Aber es braucht nicht mehr Hemden.

RE: Das ist doch Quatsch! Wenn Sie sich nicht auf gängige Begriffe einlassen wollen, ist eine Diskussion nicht möglich. Führende Ökonomen sind sich einig, dass das bedingungslose Grundeinkommen ohne dramatische Umverteilung nicht finanzierbar ist. Nach der Vorstellung von Daniel Häni kostet auch ein Panzer nichts, weil das Geld schon vorhanden ist.

CP: Per saldo braucht es doch Geldflüsse, die jetzt noch nicht bestehen.

DH: Nein.

CP: Dann braucht es auch keine Initiative.

RE: Wenn das als Show gedacht ist, ist es ok. Aber wenn Sie das tatsächlich ernst meinen, dann ist es problematisch. Der Nutzen des bedingungslosen Grundeinkommens wäre tatsächlich gross, wenn es finanzierbar wäre. Finanzierbar wäre dagegen ein bedingungsloses Startkapital, mit dem z. B die tertiäre Ausbildung finanziert oder kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit überbrückt werden könnten.

CP: Wie gross müsste ein solches Startkapital sein?

RE: Ich wäre für 100 000 Franken. Das entspricht einem Grundeinkommen von knapp vier Jahren und kostet pro Jahr rund acht Milliarden.

CP: Aber der Staat dürfte das nötige Geld nicht aufnehmen, sonst ist es kein Grundkapital, sondern eine Grundschuld, die einfach ein bisschen anders verteilt wird.

RE: Ich würde sie über Kostenwahrheit im Verkehr finanzieren, d. h. höhere Kosten für Autofahrer und öV-Benutzer. Dazu gibt es Einparungen bei den Bildungs- und den Sozialkosten. Das Grundkapital lässt sich zweifellos finanzieren. Das Problem sind eher die Übergangsgenerationen.

DH: Da steckt eine neoliberale Logik dahinter, die ich höchst problematisch finde. Aber es zeigt zumindest, dass Reiner Eichenberger mit dem Grundanliegen des bedingungslosen Grundeinkommens einig geht.

CP: Zum Abschluss: Wie wird das Abstimmungsresultat ausfallen?

DH: Es wäre vermessen, mit einer Mehrheit zu rechnen, und blauäugig, dies zu glauben. Der Chefredaktor der Basler Zeitung sagte mir, dass es höchstens 5 Prozent Ja-Stimmen geben wird. Ich glaube, diese Ansage werden wir um ein Mehrfaches übertreffen.