Chapeau! – für Fischlaich im Christbaum

Nicht für die Katz, sondern für die Fisch: Ein innovatives Projekt aus Schweden schenkt ausrangierten Weihnachtsbäumen ein zweites Leben.

© Midjourney

Schätzungsweise 1.5 Millionen Christbäume werden in der Schweiz jedes Jahr gekauft. Rund die Hälfte davon wird aus dem Ausland importiert, und nur ein kleiner Teil stammt aus dem Wald: Die meisten Bäume werden extra für Weihnachten angepflanzt – und bis zu zehn Jahre lang wachsen gelassen, bis sie die «richtige Grösse» haben. Die richtige Grösse, um sie ein paar Tage oder ein paar Wochen lang ins Wohnzimmer zu stellen – und sie dann zu entsorgen.

In Schweden dagegen sorgt eine Initiative dafür, dass die Bäume nach ihrem Festtagseinsatz ein zweites Leben erhalten: Als Habitat von Fischen. Klingt seltsam, macht aber Sinn. Denn durch das Absenken der Bäume auf den Grund des Mälaren-Sees in der Nähe von Stockholm können neue Laich- und Schutzgebiete für die dort lebenden Fische geschaffen werden.

Der schwedische WWF-Direktor Håkan Wirtén lobte die Initiative gegenüber den Medien: «Es ist eine einfache Möglichkeit, die Biodiversität zu verbessern. Ausserdem hoffen wir, dass dies dazu beiträgt, das Bewusstsein für den Zustand der Tier- und Pflanzenwelt in den schwedischen Gewässern zu schärfen.» Denn diese werden stark ausgebeutet, was sich negativ auf das Leben unter der Wasseroberfläche auswirkt. Durch Ausbaggerungen, Kais und Bootshäfen sind Gebiete zerstört worden, die für viele Fischarten wichtig sind.

In den Zweigen der versenkten Tannen können Fische laichen, und der Nachwuchs findet Schutz. So wird der fast tote Grund wiederbelebt, was dem gesamten Ökosystem des Sees zugutekommt. Denn die Fische stellen Teil einer Nahrungskette dar, die unter anderem dazu beiträgt, die Algen unter Kontrolle zu halten.

Der Erfolg der Initiative konnte mit Unterwasseraufnahmen festgestellt werden, die zeigten, wie Barsche in den Ex-Christbäumen laichen und das Gebiet von unzähligen Fischen bevölkert ist. Im Gegensatz zu Laubbäumen zersetzen sich Nadelbäume erst nach fünf bis zehn Jahren, so dass zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: eine nachhaltige Nutzung von Weihnachtsbäumen und zufriedene Fische.

Organisiert wird die Aktion, die schon seit 2016 durchgeführt wird, vom Fischereiverband «Sportfiskarna», dem WFF, der Stadt Stockholm und den Stockholmer Häfen organisiert. So lässt denn auch die Stockholmer Bürgermeisterin den ersten Baum zu Wasser.

Hut ab für eine einfallsreiche und sinnvolle Initiative, die sich auch in anderen Ländern umsetzen lassen könnte.

Über

Nicole Maron

Submitted by christoph on Mo, 04/19/2021 - 17:25

Nicole Maron (*1980) aus Zürich ist Journalistin und Buchautorin. Seit 2017 lebt und arbeitet sie in Bolivien und Peru. Ihre Schwerpunkte sind umwelt- und sozialpolitische Themen wie Flucht und Migration, globale Gerechtigkeit, Konzernverantwortung und Menschenrechte. 

Von Nicole Maron ist zuletzt erschienen: «Das Blut des Flusses» – Der in Espinar/Südperu gedrehte Dokumentarfilm zeigt auf, welche gravierenden Schäden das Schweizer Bergbauunternehmen Glencore vor Ort anrichtet.
https://www.youtube.com/watch?v=9Rj7lJc1GWY