«Die Zukunft wird so, wie wir sie gestalten»

Wie gehen Kunstschaffende mit der Krise um? Der Zeitpunkt will den Puls von Künstlern und Kulturveranstaltern spüren und sie sichtbar machen. Heute erzählt Priska Jenni, wieso sie das Musizieren und Geschichtenerzählen auch während Corona nicht sein lässt.

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Sie erinnern an die Geschichtenerzähler von früher, die durchs Land tingelten Märchen und Anekdoten vortrugen. Das Duo «Priska und Jean Duconte» tun dies heute. Sie erzählen von Bühne zu Bühne mit viel Witz Geschichten aus dem Leben. Dabei singen und musizieren sie, beziehen immer wieder das Publikum in ihreren Darbietungen mit ein und kreieren so eine besondere Stimmung, in der man als Zuschauer die Vorstellung verlässt mit dem Gefühl, mittendrin gewesen zu sein.

Passend hat das Duo in ihrem Programm das Stück «Sternenfrau und halber Mann». Darin ziehen ein Mann und eine Frau von Dorf zu Dorf und verschenken Liebeslieder oder Weisheitsgeschichten vom Glück und vom Schicksal, begleitet von Gitarre, Akkordeon oder Xylofon. Manchmal lustig, manchmal traurig, aber immer seien sie wahr, die Geschichten, so das Duo.

«Ich bin eine freischaffende Allrounderin.»

Verlässt die Sternenfrau ihre Rolle als Erzählerin heisst sie im richtigen Leben Priska Jenni. Die 49-Jährige, die ursprünglich aus Hirzel im Kanton Zürich stammt und sich selbst eine «freischaffende Allrounderin» nennt, lebt seit 21 Jahren in Courtelary im Kanton Bern. Wieso sie Künstlerin geworden ist? «Mein Partner Andreas Vettiger alias Jean Duconte ist seit 25 Jahren Schauspieler und Märchenerzähler. Vor 13 Jahren haben wir begonnen meine Leidenschaft fürs Singen – mit Vorliebe von osteuropäischen Volkslieder – mit seiner Leidenschaft das Märchenerzählen zu verbinden», so Jenni. Daraus seien mehrere abendfüllende, thematische Märchen- und Liederprogramme entstanden.

Die Beiden spielen allerdings nicht nur auf Kleinbühnen. Sondern gehen auch in die Stuben der Zuschauer und Zuschaurinnen nach Hause oder bereisen die Schweiz im eigenen, fahrenden Theater Fahrieté. Das ist ein ehemaliger umgebauter Zirkuswagen, eine phantastische Welt für sich, ausgestattet mit einer kleinen Bühne und unzähligen Märchen- und Sagenbüchern, darunter viele aus der Schweiz. Bis zu 30 Personen haben im Fahrieté Platz. Ist die Aufführung beendet, zieht ein Traktor den Zirkuswagen weiter, in den nächsten Ort. Wohin? Jenni vorsichtig: «Wegen des momentanen Veranstaltungsverbots möchte ich dies nicht öffentlich mitteilen…»

«Ich schenke der sogenannten Krise nicht zu viel Aufmerksamkeit.»

Es verwundert also nicht, dass sie anderen Kunstschaffenden rät, «das Verbot von Kultur nicht stillschweigend hinzunehmen, sich zu organisieren und für Menschen, die das möchten, ihre Kunst anzubieten». Sie selbst versuche der Krise nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. «Und meine Energie mehr in positive, soziale und kulturelle Initiativen zu investieren, die die Menschen genau jetzt für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden dringend benötigen.» Sie und ihr Partner seien nicht existentiell bedroht, würden finanziell auch unterstützt werden. Sie konkretisiert jedoch, dass sie über die Runden kommen würden, weil sie «einen sehr bescheidenen Lebensstil» hätten.

Was kommt? «Die Zukunft wird so werden, wie wir sie gestalten» ist Jenni überzeugt. «Wir persönlich planen eine Sommertournee mit unserem fahrenden Theater.» Die Reise wird also weiter gehen. Und so passt das Zitat des österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig, das Jenni als ihr Motto wählt: «Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern.»