Ohne Pieks #2: 3 Fragen an Liedermacher Boris Bittel

Sein neuster Song heisst «Dr Spaut» – der Spalt. Darin besingt der Berner die aktuelle Situation, die er oft auch als «explosiv und kalt» empfindet. Den 48-Jährigen beschäftigt es sehr, in welche Richtung sich die Gesellschaft in den letzten anderthalb Jahren entwickelt hat, wenn es um Meinungsbildung und Fragen wie Massnahmen und Impfung geht. Boris Bittels Lieder regen zum Denken an – und haben nicht selten auch einen kritischen Unterton.

© Mirjam Zurbrügg-Richner

In Ihren Liedern singen sie viel über gesellschaftliche, auch aktuelle Themen. War das schon immer so? 

Ja, in meinen Liedern greife ich oft Themen aus meinem näheren wie weiteren Umfeld auf. Menschen und ihre Geschichten sowie der Wandel der Gesellschaft haben mich schon immer interessiert und inspiriert. Bereits in meiner ersten CD «Gschichte us em Läbe» aus dem Jahr 2019 singe ich – wie der Titel es verrät – über Dinge aus dem Leben. Ich will die Leute unterhalten, zum Lachen bringen, aber auch zum Nachdenken anregen. Ebenso möchte ich mit meinen Texten Fragen in den Raum stellen. Die Menschen sollen sich ihre eigenen Gedanken über ein Thema machen, die Sachen hinterfragen und nicht alles hinnehmen, was ihnen serviert wird. Aber: Menschen von meinen persönlichen Ansichten zu überzeugen, das liegt mir fern.

Wenn es um die Coronakrise geht: Ich bin ein Mensch, der grundsätzlich Dinge kritisch hinterfragt. Bei meiner Meinungsbildung ist es mir wichtig, mich möglichst breit über ein Thema zu informieren. Dementsprechend habe ich mich bereits früh mit dem Thema Corona und der weltweiten Situation auseinandergesetzt. Corona hat die ganze Welt beeinflusst – auch mich als Liedermacher, was sich nun in meinen neuen Liedern widerspiegelt. Ich selbst bin an einem Punkt angelangt, wo ich gar nicht mehr diskutieren möchte, wer Recht hat und wer nicht. Ich wünschte mir, dass die Menschen einfach leben und leben lassen. Ich stelle fest, dass Themen wie Impfen die Gesellschaft spalten – und das beschäftigt mich.

Hilft Ihnen das Liederschreiben, die aktuelle Situation zu verstehen? 

Seit rund anderthalb Jahren befinden wir uns in einem Ausnahmezustand. Oft bin ich einfach nur sprachlos. Wie soll man zum Beispiel verstehen, dass unsere Kinder und Jugendlichen seit nun mehr als 19 Monaten mit fragwürdigen Massnahmen massiv eingeschränkt werden und ihre gesunde Entwicklung gebremst wird? Ich versuche, die Dinge nicht nur aus meiner Sichtweise zu betrachten. Ich akzeptiere andere Meinungen und Ansichten. Beim Liederschreiben setze ich mich mit einem Geschehen oder einem Thema auseinander. Ob ich die Situation dadurch besser verstehen kann? Nein.

Grundsätzlich gibt mir das aktuelle Weltgeschehen sehr zu denken. Ich habe viele offene Fragen. Vorneweg: Ich bin kein Impfgegner. Aber die Zertifikatspflicht lässt sich mit meinem demokratischen Gedankengut nicht vereinbaren und ist für mich absolut unverständlich und diskriminierend. Wir bewegen uns hier in Richtung Zweiklassengesellschaft. Trotzdem muss ich meinen eigenen Weg finden, um damit leben und umgehen zu können. Wie so oft im Leben macht jeder für sich seine persönliche Risikoabwägung. Und man sollte sich die Frage stellen: Warum lässt man sich impfen? Aus Angst, aus Solidarität oder einfach, weil man sich dem politischen Druck beugt, um sich wieder halbwegs frei bewegen und leben zu können?

In Ihrem neuen Lied geht es um Spaltung. Dieses Thema besorgt sie sehr. Wie und wo erleben Sie diese Situation zurzeit?

Ja, die Spaltung der Gesellschaft treibt mich um. Warum können wir andere Meinungen nicht akzeptieren? Warum müssen wir immer wieder urteilen und verurteilen, wenn wir andersdenkend sind als unser Gegenüber? Die Spaltung erlebe ich persönlich am meisten im öffentlichen Leben. Die ganze Thematik um die Impfung und die Zertifikatspflicht haben einen tiefen Graben in unsere Gesellschaft gerissen. Im Familien- und Freundeskreis erlebe ich sie gottlob kaum. So sind beispielsweise die Diskussionen und Gespräche mit einer geimpften Freundin der Familie sehr konstruktiv und bereichernd. Ich wünsche mir, dass wir Menschen trotz unseren verschiedenen Ansichten und Meinungen zukünftig einen gemeinsamen Weg aus der aktuellen Situation finden.
 

«Dr Spaut», der Videoclip auf Youtube

www.borisbittel.ch