Weil sein Vater von ihm verlangte, einen seriösen Beruf zu erlernen, wurde Markus Schamberger Confiseur statt Künstler. Nach einer Suche nach dem Sinn des Lebens in Indien wurde er zu einem Schweizer Bio-Pionier. Wie er dann doch zur Kultur fand, erzählt er in «Menschen aus dem Leben».

© Markus Schamberger / zvg

Anfänglich war er ein jugendlicher Rebell. In der Familie herrschten strenge Vorgaben, was man zu lernen hat. «Mein innerer Wunsch war es, die Kunstgewerbeschule zu besuchen. Mein Vater war der Meinung, dass ich erst etwas Normales, etwas Seriöses lernen solle», erinnert sich Markus Schamberger. Nach einer langen Phase des Suchens wollte er schliesslich Schriftenmaler werden, damit war sein Vater einverstanden. Es gab jedoch für Schriftenmaler zu jener Zeit keine Lehrstellen. «Also machte ich eine dreijährige Berufslehre als Confiseur, ohne dass ich wirklich begeistert davon war», so Schamberger. Nach dieser obligaten Lehrzeit beschäftigte er sich mit Fragen des Lebens und reiste nach Indien. «Die alten indischen Veden, die spirituelle Geschichte dieses Landes faszinierten mich seit jeher. Ich besuchte Indien mehrmals und lebte auch mehrere Monate in einem Aschram.» Die westlichen Philosophien boten ihm zuwenig Antworten. Als er in die Schweiz zurückkehrte, musste er sich völlig neu orientieren.

Wieder als Confiseur zu arbeiten, kam für ihn nicht in Frage. Er besuchte die Handelsschule und arbeitete als Junior Product Manager beim Grosshändler für Gastro- und Bäckereibedarf Pistor. Um später Senior Product Manager zu werden, hätte er dort eine Ausbildung zum Marketingplaner machen müssen. Eines Tages auf dem Weg nach Hause wurde er vor dem Betriebsgelände von einem Lastwagen gerammt, und fand sich auf dem Bahngeleise wieder. Das war für Schamberger ein Schlüsselerlebnis: «Ich hatte keinen Kratzer, aber das Auto war Schrott und stand in entgegengesetzter Richtung, in der ich eigentlich fahren wollte. Mir wurde sofort klar, dass ich in meinem Leben die Richtung ändern muss, eine Art Zeichen des Schicksals, dass es so nicht weitergehen kann», erinnert er sich. Ein paar Tage später kündigte er bei Pistor seine Stelle.

Danach jobbte er an verschiedenen Orten und ging wieder auf Reisen. Erneut zurück in der Schweiz, zog es ihn ins Tessin, wo er zusammen mit seiner damaligen Freundin zwei Rusticos betreute. Dann erfuhren die beiden von einem Freund, dass der Bioladen Chornstube in Bern zum Verkauf stehe. So übernahmen Schamberger und seine Freundin den Laden, bis sich drei Jahre später die Partnerschaft auflöste und damit auch die Chornstube. «Ich fühlte mich in Bern ohnehin nicht wirklich wohl», resümiert Schamberger.

«Ich musste nie eine Stelle suchen, es hat sich immer etwas Neues ergeben.»

So ging er wieder in seinen Heimatort Luzern zurück und lernte eine neue Frau kennen. Durch Zufall erfuhren sie von einem Bioladen in Luzern, der in Liquidation stand. Kurz darauf kauften sie den Laden. Vier Jahre später wurde seine Frau schwanger und die Weiterführung des Biogeschäfts wurde schwierig, der Laden geschlossen. Via Verde, der Hauptlieferant für Bioprodukte für diesen Laden, suchte einen Product Manager: «Ich musste nie eine Stelle suchen, es hat sich einfach immer etwas Neues ergeben.»

Bei Via Verde wurde er Mitglied der Geschäftsleitung. Sechs Jahre später kam es zu Konkurrenzstreitigkeiten und Schamberger musste sich abermals neu orientieren. Schliesslich gründete er zusammen mit einem Freund aus der Bioszene in Seon im Kanton Aargau ein Marketingunternehmen mit dem Namen Bio-Plus. Bio Plus betreute die beiden Grossisten der Bio Szene, die Vanadis AG sowie wie die Eichberg Bio AG in Marketing- und Kooperationsfragen, die sich im Seon unter dem Namen biopartner zusammen schlossen, um den Markt gemeinsam zu bearbeiten. Da der Geschäftsführer von Vanadis nach rund acht Jahren aufhörte, übernahm Schamberger die Firma als Geschäftsführer und Teilhaber. Der Wein im Vertrieb von Vanadis stammte von Heiner Stolz mit seiner Weinhandlung Küferweg im zürcherischen Obfelden. Zwischen Schamberger und Stolz entwickelte sich eine enge Freundschaft, und als Stolz die Weinhandlung altershalber verkaufte, übernahm Schamberger die Weinhandlung am Küferweg.

Schamberger und seine jetzige Frau Ariane führen die Weinhandlung Küferweg in Seon noch heute. «Uns war vor allem die Unabhängigkeit wichtig, die wir uns bis jetzt immer erhalten konnten», sagt er. Später kam zum Küferweg das Kulturlokal Konservi im selben Gebäude, in der auch seine Tochster Santemi von Beginn weg mitarbeitete, dazu. Jeweils am Freitag finden in der Konservi kulturelle Veranstaltungen statt. Doch die Coronakrise setzt auch den Schambergers zu: «Die Konzerte können nicht mehr stattfinden, und der Umsatz der Gastronomie geht massiv zurück, das merken wir natürlich.» Alleine die Konservi koste ihnen 100'000 Franken pro Jahr, nur für Amortisation und Miete, ohne das etwas stattfinden würde. Deshalb sei das Familienunternehmen vor allem auf Privatkunden angewiesen. Es bleibt zu hoffe, dass die Krise nicht mehr lange dauert und auch die Konservi mit ihrem attraktiven Angebot wieder durchstarten kann. Denn: «Guter Wein, gutes Essen und gute Konzerte bringen Menschen zusammen», sagt Schamberger.